Gewinnern von antifaschistischem Jugendwettbewerb winkt Spanienfahrt auf den Spuren der Internationalen Brigaden. Gespräch mit Gesine Lötzsch
Gesine Lötzsch ist Bundestagsabgeordnete der Linkspartei.PDS und stellvertretende FraktionsvorsitzendeSie schreiben bereits zum dritten Mal einen antifaschistischen Jugendwettbewerb aus. Jugendliche und antifaschistische Gruppen können Beiträge und Ideen zur Abwehr neofaschistischer Propaganda und deren Verbreiter einreichen. Die Gewinner erwartet eine einwöchige Reise in das Ebro-Tal, wo sie gemeinsam mit Zeitzeugen den Spuren der Spanienkämpfer folgen. Was ist Ihre Intention?
Bevor ich das erste Mal einen solchen Wettbewerb ausgeschrieben habe, habe ich 2004 eine Reise von Jugendlichen unterstützt, die in Frankreich mit antifaschistischen Widerstandskämpfern zusammengetroffen sind. Das Ergebnis waren spannende Diskussionen und eine Fotoausstellung über die Erlebnisse, die sogar in Wien ausgestellt wurde. 2005 habe ich mich dann entschlossen, Jugendliche zu motivieren, sich bereits im Vorfeld einer solchen Reise mit dem Thema Antifaschismus zu befassen und habe gemeinsam mit den Einsendern der 20 originellsten Beiträge zum Kampf gegen rechts eine Studienfahrt zu Widerstandskämpfern nach Belgien unternommen. Seitdem veranstalte ich alljährlich, inzwischen gemeinsam mit anderen Bundestagsabgeordneten meiner Fraktion, einen solchen Wettbewerb. In diesem Jahr werden wir nach Spanien, ins Ebro-Tal reisen, um an den 70. Jahrestag der Gründung der Internationalen Brigaden zu erinnern.
Es heißt oft, Schülern hinge das Thema Faschismus nahezu zum Halse heraus?
Das kann ich überhaupt nicht bestätigen. Besonders eindrucksvoll sind Begegnungen mit Zeitzeugen. Es ist die persönliche Begegnung mit antifaschistischen Widerstandskämpfern an historischer Stätte, die für die Jugendlichen neu und spannend ist.
Wie beurteilen Sie die Aufklärung über Faschismus und Neofaschismus an den Schulen?
Meine Erfahrung ist, daß die Lehrer sehr unterschiedlich mit dem Thema umgehen. Seitens der zuständigen Behörden müßte mehr getan werden; es gibt leider immer noch genügend Lehrer, die sich aufgrund verordneter politischer Neutralität nicht eindeutig gegen Neonazis positionieren. In meinen Augen ist es eine staatsbürgerliche Pflicht, sich gegen Rechtsextremisten zu engagieren. Aber es gibt auch Lehrer, die sich stark machen gegen rechts, und ich will keinesfalls eine pauschale Kritik üben.
Sie sind in Berlin-Lichtenberg, einer Hochburg der Neonazis, direkt in den Bundestag gewählt worden. Hat die Linkspartei in Ihrem Bezirk genügend gegen rechts mobil gemacht?
Man kann immer sagen, daß nicht genügend getan worden ist. Es gab und gibt in Lichtenberg jedoch viele Aktionen gegen Neonazis. Beispielsweise hat Christina Emmerich, unsere Lichtenberger Bürgermeisterin, einen langfristigen Aktionsplan gegen rechts ausgearbeitet, und wir stehen bei antifaschistischen Demonstrationen gemeinsam mit anderen in der ersten Reihe. Direkt neben meinem Wahlkreisbüro findet ein Gesprächskreis für Eltern statt, deren Kinder mit dem Rechtsextremismus sympathisieren. Das ist zwar nicht das Verdienst meiner Partei, aber ein unterstützendwertes Projekt. Solange es Nazis gibt, haben wir aber nie genug getan.
In den vergangenen Monaten kritisierten antifaschistische Gruppen den SPD-Linkspartei.PDS-Senat, weil dieser für verstärkte Repression und Polizeiübergriffe auf linke Demonstranten verantwortlich sei. Der Antifaschist Matthias Z. sitzt beispielsweise einzig aufgrund zweifelhafter Aussagen von Neonazis seit dem 29. November in Berlin in Untersuchungshaft.
Wir führen ständig Gespräche mit der Polizei. Zunächst einmal kann ich nicht bestätigen, daß die Beamten brutaler als vor unserer Regierungsbeteiligung gegen Antifaschisten vorgehen. Bezüglich der von Ihnen angesprochenen Inhaftierung schließe ich mich der Forderung nach umgehender Freilassung an.
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes startet am Sonnabend eine neue Kampagne für das Verbot der NPD. Mit Ihrer Unterstützung?
Ich finde es unerträglich, daß sich die NPD mit Steuermitteln finanzieren und aufbauen kann. Das bestärkt mich, diese Kampagne zu unterstützen. Ich weiß jedoch, daß es diesbezüglich unterschiedliche Auffassungen in Partei und Fraktion gibt.
Einsendeschluß für den Wettbewerb ist der 16. Februar, Kontakt: Gesine Lötzsch, Bundestagsbüro, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, gesine.loetzsch.ma03@bundestag.de, Weitere Infos: zivilcourage-vereint.de
Interview: Markus Bernhardt
junge Welt, 25. Januar 2007