Anlässlich der am 1.1.2007 beginnenden Deutschen Ratspräsidentschaft hat die Bundesregierung im Oktober ihre vorläufige Agenda präsentiert. Schon diese zeigt, dass die von der Bundeskanzlerin vorgestellten Schwerpunkte reichlich Arbeit für die Linke in Deutschland und Europa bereithalten
Die Erwartungen an die deutsche Ratspräsidentschaft sind hoch. Zwar erklärt die Bundesregierung, dem grassierenden Pessimismus und der Europaskepsis mit Tatkraft und Zuversicht zu begegnen. Ob es ihr gelingen wird, die Zweifel an der Bürgernähe Europas maßgeblich abzubauen, kann allerdings bezweifelt werden.Eines der bereits heute feststehenden Schwerpunktthemen der Präsidentschaft ist die Europäische Verfassung. Angela Merkel erklärte anlässlich ihres Treffens mit Kommissionspräsident Barroso am 11. Oktober, das Verfassungsthema könne während des Deutschen Ratsvorsitzes zwar nicht abgeschlossen werden, eine ambitionierte Herangehensweise könne jedoch einen Beitrag leisten, dass die Verfassung noch vor den nächsten Wahlen zum Europaparlament 2009 in Kraft treten könne. Auf dem Europäischen Rat am 21./22. Juni solle eine „Roadmap“ vorgestellt werden, die das weitere Verfahren zusammenfasst. Die Bundesregierung strebe dabei an, einen von allen Mitgliedstaaten mitgetragenen Kompromiss zu finden, der die politische Substanz des Verfassungsvertrages erhält. Korrekturen sind also nicht vorgesehen.
Der Frühjahrsgipfel am 8./9. März soll unter dem Motto „Wachstum und Beschäftigung“ neben der Energiepolitik die Lissabon-Strategie behandeln. Beim Vorhaben, Europa zum weltweit führenden Wirtschaftsraum zu machen, setzt die Kanzlerin auf die Überprüfung vieler Richtlinien und fordert die Einführung eines Normenkontrollrates auf europäischer Ebene. Außerdem könnte die Schaffung einer Freihandelszone zwischen der EU und den USA nach dem möglichen Scheitern der WTO-Verhandlungen ein zentrales Thema sein.
Anlässlich des 50. Jahrestages der Römischen Verträge am 25. März will die Bundesregierung in einer „Berliner Erklärung“ die Erfolgsgeschichte Europas öffentlichkeitswirksam präsentieren. In der feierlichen Erklärung der Staats- und Regierungschefs über die europäischen Werte sollen auch die Zukunftsvisionen für Europa eine Rolle spielen. Diese Jubelveranstaltung wird von Aktionen der Linkspartei.PDS und der Fraktion GUE/NGL im Europaparlament begleitet werden.
In die deutsche Ratspräsidentschaft fällt ebenfalls der G8-Gipfel in Heiligendamm, auf dem die Bundesregierung Syngergieeffekte zwischen der EU- und der G8-Präsidentschaft nutzen möchte. Vom 6.-8. Juni werden dort Themen wie Energie, Klimaschutz und die Einbindung der Schwellenländer in die Weltwirtschaft zur Sprache kommen Die Linkspartei mobilisiert gemeinsam mit zahlreichen Nichtregierungsorganisationen zu diesem Gipfel.
Weitere wichtige Themenblöcke der Ratspräsidentschaft sind die „Gestaltung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Zukunft“, „Fortschritte beim Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, sowie die „Gestaltung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, der Außenwirtschafts- und Entwicklungspolitik“.
Einzelheiten werden am 5. November in einer Sondersitzung des Kabinetts geklärt. Die Kanzlerin wird am 30. November, bzw. am 1. Dezember in einer Regierungserklärung den Bundestag über das Programm unterrichten. Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag bereitet sich derzeit ebenfalls auf die bevorstehende Ratspräsidentschaft und ihre kritische Begleitung vor.