Atypische Arbeitszeiten wie Wochenendarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, Abend- und Nachtarbeit und überlange Arbeitszeiten sind in Deutschland weiterhin sehr verbreitet. So haben 2023 16,9 % der abhängigen Beschäftigten regelmäßig an Wochenenden, 14,1 % an Abenden (18 – 23 Uhr), 9,7 % an Sonn- und Feiertagen und 4,6 % nachts (23-6 Uhr) gearbeitet. Knapp 1,3 Millionen Beschäftigte (3,3 %) waren 2023 zudem von überlangen Arbeitszeiten von mehr als 48 Stunden pro Woche betroffen, die nachweislich gesundheitsschädlich sind. Diese Zahlen sind auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr.
Gerade die Arbeit an Wochenende erweist sich als besonders prekär. 18,5 % der Beschäftigten mit einem Nettoeinkommen von weniger als 1250 Euro und 19,1 % der Beschäftigten mit einem Nettoeinkommen zwischen 1250 und 2250 Euro waren 2023 von regelmäßiger Wochenendarbeit betroffen. Bei Beschäftigten mit einem Einkommen von 4000 Euro und mehr waren es hingegen nur 12,4 %. Die Wochenendarbeit ist zudem weiblich geprägt (18,0 % der weiblich Beschäftigten vs. 15,8 % der männlichen sind von Wochenendarbeit betroffen) und in prekären Anstellungsverhältnissen wie Leiharbeit (20,4 %), geringfügiger Beschäftigung (18,1 %) und befristeter Anstellung (17,9 %) ist ein höherer Anteil von regelmäßiger Wochenendarbeit betroffen als unter der Gesamtheit der Beschäftigten (16,9 %). Die Wirtschaftszweige mit dem höchsten Anteil an Beschäftigten mit Wochenendarbeit sind Beherbergung (53,8 %), Gastronomie (52,4 %), Heime (46,5 %) und der Einzelhandel (44,1 %).
Die vorliegende Anfrage liefert zudem aktualisierte Daten zur Zahl der geleisteten Überstunden. Die Zahl der 2023 geleisteten Überstunden wird mit 1,284 Mrd. angeben (-131 Mio. ggü. 2022), davon 556 Mio. bezahlt und 728 Mio. (≈57%) unbezahlt und unabgegolten. Die meisten Überstunden wurden im Wirtschaftszweig „Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit“ geleistet (366 Mio.; 142 Mio. bezahlt, 224 Mio. unbezahlt), gefolgt von „Handel, Verkehr, Gastgewerbe“ (269 Mio.; 135 Mio. bezahlt, 133 Mio. unbezahlt) und dem produzierenden Gewerbe (244 Mio.; 114 Mio., 131 Mio. unbezahlt).
Für das erste Halbjahr 2024 wird die Zahl der Überstunden mit 592 Millionen angegeben (251 Mio. bezahlt, 341 Mio. unbezahlt und unabgegolten). Auch hier waren „Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit“ (171 Mio.; 65 bezahlt; 106 unbezahlt), „Handel, Verkehr, Gastgewerbe“ (123 Mio.; 61 bezahlt; 62 unbezahlt) und das produzierende Gewerbe (112 Mio.; 51 bezahlt; 61 unbezahlt) die Wirtschaftszweige mit den meisten Überstunden. Mit der Gesamtzahl der Überstunden im ersten Halbjahr 2024 hätten sich 751.000 Vollzeitstellen schaffen lassen.
O-Ton Susanne Ferschl, MdB – arbeitsmarkt- und gewerkschaftspolitische Sprecherin, Die Linke im Bundestag:
„Von wegen Besinnlichkeit – insbesondere für die Beschäftigten im Einzelhandel und in Gaststätten und Hotels bedeutet die Weihnachtszeit vor allem Stress, Zusatzschichten am Wochenende und jede Menge Überstunden. Als wäre das allein nicht schlimm genug, ist die vor-weihnachtliche Schufterei für die Beschäftigten im Geldbeutel kaum spürbar. Drei Jahre Ampel-Regierung haben ihnen beim Schutz vor Armutslöhnen und ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen kaum einen Fortschritt gebracht. Stärkung der Tarifbindung: Fehlanzeige! Arbeitszeiterfassungspflicht: Fehlanzeige! Die Anhebung des Mindestlohns: längst von der Inflation aufgefressen! Die Linke tritt an, um diese Verhältnisse grundlegend zu verändern. Denn ein „Weiter-so“ kann es für die Beschäftigten im Land nicht geben!“
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