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Eine Mutter mit zwei Kindern 2020 vor dem ausgebrannten Flüchtlingslager Moria © picture alliance/dpa|Socrates BaltagiannisFoto: picture alliance/dpa|Socrates Baltagiannis

Alle Parteien marschieren Richtung Rechts(bruch)

Nachricht von Clara Bünger, Martina Renner, Petra Pau, Sören Pellmann,

In der bundesdeutsche Politik tobt gerade ein Überbietungswettbewerb, wer die Forderungen mit den meisten menschenfeindlichen Rechtsbrüchen aufstellt. Nur Die Linke im Bundestag macht nicht mit beim rechten Konzert der Entmenschlichung! 

Seit dem schrecklichen Anschlag in Solingen überschlägt sich die deutsche Politik mit Forderungen nach (noch mehr) offenem Rechtsbruch. Alle Parteien im Bundestag - von AfD bis Grüne - machen mit. Besonders die CDU nutzt zunehmend die Methoden von Rechtsaußen: Fake News, absurde Forderungen und willkürliche Positionswechsel. Die Linke im Bundestag will daher erklären, warum die "Ideen" in der Debatte um Migration und Asyl nicht umsetzbar und gefährlich sind. Viele der aufgestellten Forderungen sind purer Populismus, weil diese gar nicht umsetzbar sind. Viele verstoßen gegen geltendes Recht. Daher haben unsere drei Mitglieder im Innenausschuss des Bundestages, Clara Bünger, Sprecherin für Recht und Flucht; Martina Renner, Sprecherin für Antifaschismus und Innenpolitik und Petra Pau, zusammengetragen, welche Idee gegen welches geltende Recht verstößt.

  • Faesers Grenzkontrollen: Die von Innenministerin Faeser angekündigten Grenzkontrollen verstoßen gegen EU-Recht in Form des Schengener Grenzkodex. Dieser verbietet Grenzkontrollen, wenn nicht eine ernsthafte Bedrohung der Sicherheit besteht. Für Migration gilt dies nur, wenn eine "außergewöhnliche Situation" besteht, "in der plötzlich eine sehr hohe Zahl unerlaubter Migrationsbewegungen" stattfindet. Realität ist, dass die Zahl der Asylanträge seit 2016 mit Ausnahme von 2022 und 2023 (durch den Ukraine-Krieg) fast durchgängig gesunken sind. Damit sind die seit 2015 zu Österreich und seit letztem Oktober zu Polen, Tschechien und Schweiz stattfindenden Grenzkontrollen, die mit "Migrationsdruck" begründet sind, alle rechtswidrig.
  • Zurückweisungen an den Grenzen: Ziel der Grenzkontrollen sollen Zurückweisungen von Asylsuchenden sein. Auch das verstößt gegen EU-Recht. Die Dublin-Verordnung regelt, dass geklärt werden muss, welcher EU-Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies sind meist nicht unsere Nachbarstaaten, sondern die an der EU-Außengrenze. Entsprechend hat Österreich bereits erklärt Zurückgewiesene nicht aufzunehmen. Diesen drohen dann Kettenabschiebungen oder kein Staat bearbeitet ihren Asylantrag was die Dublin-Verordnung verhindern soll. Die Kompetenz dafür liegt ohnehin nicht bei der Bundespolizei. Nur das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat die Kompetenz und notwendigen Informationen zur Klärung der Zuständigkeit. Weiterhin verstoßen Zurückweisungen gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention. Speziell geht es um das Verbot von Refoulment, welches verbietet, dass Personen in Länder ausgewiesen, ausgeliefert oder rückgeschoben werden, wenn die Annahme besteht, im Zielland drohen Folter, unmenschliche Behandlung oder Menschenrechtsverletzungen. Zwar droht dies nicht in unseren Nachbarstaaten, doch hier kommen die Kettenabschiebungen ins Spiel, die dazu führen können, dass Betroffene in einem Land mit diesen Bedingungen landen.
  • Merz' Nationaler Notstand: CDU-Chef Merz hat die Ausrufung eines nationalen Notstandes gefordert. Diese Idee verstößt gegen EU-Recht. So hat der Europäische Gerichtshof bisherige Versuche solche Maßnahmen anzuwenden, um das Asylrecht auszusetzen, eine Absage erteilt. Das dürfte auch Merz wissen. Trotzdem hält es ihn nicht davon ab, den Bruch europäischen Rechts zu fordern.
  • Abschiebungen zur Prävention: Abschiebungen von straffälligen Asylsuchenden können keinen Terror verhindern, der bereits geschehen sind. Es handelt sich also statt um Prävention, um Sanktionsmaßnahmen. Abschiebungen in unsichere Länder hebeln aus, dass auch Straftäter ein Recht auf Leben besitzen. Eine Abschiebung als Strafmaßnahme ist menschenrechtswidrig! Oder wirkungslos. So hat die Taliban von den 28 nach Kabul abgeschobenen Straftätern ein paar freigelassen, weil diese ihre Taten nicht als strafbar betrachtet. Somit hat die Bundesregierung zur "Bekämpfung von Terror" eine Terrororganisation legitimiert. Rund eine Woche nach dem Abschiebeflug nach Afghanistan sind einige der abgeschobenen Straftäter frei. Das berichten die Taliban, die viele der Taten nicht als strafbar werten.
  • Leistungskürzungen: Vorgesehen im Plan der Bundesregierung sind auch Sozialleistungskürzungen für Menschen im Dublinverfahren. Dies ist verfassungswidrig. Menschen, die etwa wegen einer Krankheit nur geduldet sind und nicht in den für sie zuständigen Staat reisen können, würde das Existenzminimum gestrichen werden - was bereits vom Bundesverfassungsgericht bei Hartz IV beendet wurde. Auch die Rechtssprechung des EuGH und die EU-Grundrechtscharta sind hier eindeutig. Das perfide Ziel dieses Plans ist es unerwünschte Menschen gezielt auszuhungern.

Die Ideen in der Migrations/Asyl-Debatte sind fast alle rechtlich problematisch. Die Aushebelung von Grund- und Menschenrechten wird nicht verhindern, dass sich Personen im Inneren radikalisieren. Dafür braucht es gut finanzierte Integrationsangebote, die Möglichkeit der schnellen Arbeitsaufnahme und menschenwürdige Existenzbedingungen - also genau das, woran die Bundesregierung sparen will (- 570 Mio. € bei Integration,- 450 Mio. € bei Arbeitseingliederung).

Stattdessen sollen Millionen Menschen für die Handlungen eines Täters bestraft werden. Das Sicherheitsgefühl der Deutschen wird sich dadurch nicht verbessern. Diese spüren im Zweifel nur die Grenzkontrollen. Schluss mit dieser menschenfeindlichen Politik!

"Statt die Gesellschaft zu spalten, einen vermeintlichen nationalen Notstand auszurufen und Flüchtlinge weiter nur als Sündenböcke darzustellen, müssen wir endlich solidarische Lösungen finden und an den Grund - und Menschenrechten festhalten!", erklärt Sören Pellmann.