Zumutbarkeitskriterien legen fest, unter welchen Bedingungen Arbeitslose ein Stellenangebot annehmen müssen. Wer ein als zumutbar eingestuftes Angebot ablehnt, dem wird das Arbeitslosengeld während einer Sperrzeit gestrichen bzw. das Arbeitslosengeld II durch eine Sanktion gekürzt. Zumutbarkeitskriterien sind daher ein wichtiger Gradmesser für die Qualität von Arbeit.
In der Arbeitslosenversicherung spielen dabei u.a. der frühere Lohn und die Dauer des Arbeitswegs eine Rolle. Am Beginn der Arbeitslosigkeit gilt ein Lohn als zumutbar, wenn er nicht zu weit unter dem früheren Lohn liegt; und schon nach einem halben Jahr genügt jeder Lohn, der nicht niedriger ist als das Arbeitslosengeld. Außerdem spielt der Arbeitsweg eine Rolle: 2,5 Stunden Pendeln pro Tag gelten als zumutbar. Durch Sperrzeiten bei der Ablehnung einer solchen Arbeit werden Versicherungsansprüche vernichtet, die regulär erworben, also erarbeitet worden sind.
Für diejenigen, die Hartz IV beziehen, gilt seit 2005 nahezu jede Arbeit als zumutbar. Das ist eine deutliche Verschärfung im Vergleich zur früheren Arbeitslosenhilfe, die – ähnlich wie das Arbeitslosengeld – den vorherigen Lohn berücksichtigte. Unzumutbar sind nun lediglich Arbeiten, die man aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben kann oder die sittenwidrig sind. Sittenwidrig sind Löhne, die mehr als 30 Prozent unter dem liegen, was in der Branche üblich ist. Ob das Stellenangebot der eigenen Qualifikation entspricht, ist dagegen egal. Sogar der Mindestlohn ist als Kriterium ausgehebelt, denn für Langzeitarbeitslose gibt es gesetzliche Ausnahmen: Wer nach 12-monatiger Arbeitslosigkeit einen neuen Job bekommt, hat in den ersten sechs Monaten keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Mit dieser Form des Lohndumpings soll für Arbeitgeber der Anreiz erhöht werden, Langzeitarbeitslose einzustellen. In Hartz IV spielt es noch nicht einmal eine Rolle, ob der Lohn die eigene Existenz sichert. Man kann also auch in Jobs hineingezwungen werden, in denen man den knappen Lohn mit Hartz IV aufstocken muss. Wer ein als zumutbar eingestuftes Angebot ablehnt, dem wird das Existenzminimum gekürzt
Die verschärften Zumutbarkeitskriterien durch Hartz IV haben erheblich zur Ausbreitung schlechter und ungesicherter Arbeitsverhältnisse beigetragen. Sie leisten Lohndumping Vorschub. Niedriglöhne, Minijobs und Leiharbeit boomten in den vergangenen Jahren, während gut bezahlte Vollzeitarbeit zurückgegangen ist – das Ergebnis einer Politik, die Arbeitslose zwingt, jede Arbeit zu noch so schlechten Bedingungen annehmen zu müssen. Denn dies ist das Motto der Hartz-Gesetze, die SPD und Grüne mit Zustimmung von CDU/CSU und FDP verabschiedet haben: Jede Arbeit ist besser als gar keine.
Die Fraktion DIE LINKE lehnt eine solche arbeitsmarktpolitische Strategie ab. Stattdessen muss gut bezahlte und sichere Arbeit der Maßstab für politisches Handeln sein. Wer gute Arbeit will, darf nicht jede Arbeit für zumutbar erklären.
Die Fraktion DIE LINKE fordert, dass Sanktionen beim Arbeitslosengeld II und Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld abgeschafft werden. Arbeitsangebote sollen sich am Grundsatz „Gute Arbeit“ orientieren. Sie sollen z.B. nicht zu Lohnabschlägen führen und generell keine prekäre Beschäftigung – wie z. B. Leiharbeit, Minijobs, unfreiwillige Teilzeit – vermitteln. Weiterbildungsinteressen und persönliche Umstände der Arbeitslosen – etwa in der Familie – müssen berücksichtigt werden.
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