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Wohnungsbau, Sozialer

Themenpapiere der Gruppe

Im Jahr 1990 gab es in Deutschland noch etwa drei Millionen Sozialwohnungen. Seitdem befindet sich der soziale Wohnungsbau im steilen Niedergang. Im Laufe des Jahres 2021 könnte die Zahl der noch vorhandenen Sozialwohnungen unter die Grenze von einer Million fallen. Ein Ende dieses Niedergangs ist nicht in Sicht. Immer noch verschwinden mehr Sozialwohnungen als neue gebaut werden – rechnerisch etwa zwölf Sozialwohnungen jeden Tag. Zwar wurden zuletzt wieder rund 25.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr gebaut, allerdings fallen jedes Jahr etwa 75.000 Sozialwohnungen weg, weil die sogenannte Bindungsfrist ausläuft. Innerhalb der Bindungsfrist, die je nach Bundesland 15 bis 30 Jahre betragen kann, muss eine Wohnung als Sozialwohnung vermietet werden. Danach wird sie in vielen Fällen deutlich teurer vermietet.

Eine Studie der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat gezeigt, dass mindestens 6,3 Millionen Haushalte in Deutschland Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. In einigen Großstädten sind es bis zu 60 Prozent. Vom Niedergang des sozialen Wohnungsbaus sind viele Durchschnittsverdienerinnen und -verdiener betroffen. Auch weil ein großes Segment an bezahlbaren Wohnungen einen Wohnungsmarkt insgesamt entspannt.

Um den Bedarf zu decken, müssten mehr als 5 Millionen Sozialwohnungen neu geschaffen werden. Doch statt mehr zu investieren, hat die Bundesregierung die Fördermittel im Jahr 2020 sogar um ein Drittel auf nur noch eine Milliarde Euro im Jahr gekürzt. Hinzu kommt, dass ein Großteil der ohnehin zu geringen Gelder des Bundes gar nicht in den sozialen Wohnungsbau fließen, sondern beispielsweise in die Landeshaushalte oder die Eigenheimförderung. Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau werden von vielen Ländern zweckentfremdet. Der Bund müsste das unterbinden.

Auch die groß angekündigte „Wohnraumoffensive“ der Bundesregierung offenbart sich als Flop: es wird nicht nur zu wenig gebaut, nicht einmal jede zehnte neu gebaute Wohnung wird als Sozialwohnung errichtet. Anstatt mit gutem Vorbild voranzugehen, versagt die Bundesregierung beim eigenen Neubau völlig: nur knapp 50 Wohnungen hat die Bundesregierung in der laufenden Wahlperiode neu gebaut, darunter keine einzige Sozialwohnung. Auch die Vergabe bundeseigener Flächen für den Bau von Sozialwohnungen dauert zu lange und blockiert die Länder beim Wohnungsneubau.

Gleichzeitig haben Immobilieninvestoren in den Städten das „Betongold“ für sich entdeckt, kaufen ganze Stadtteile auf, um sie teuer neu zu vermieten oder als Eigentum weiter zu verkaufen und damit dem Mietenmarkt ganz zu entziehen (Immobilienspekulation). Städte, Länder und der Bund haben den Großteil ihres ehemals öffentlichen Immobilienbestandes seit den 1990er Jahren verkauft. Zusätzlich wurde 1990 die Wohngemeinnützigkeit abgeschafft und damit ein nicht-profitorientierter Wohnungssektor aufgelöst. Knapp vier Millionen bezahlbare, gemeinnützige oder Sozialwohnungen wurden so dem „freien“ Markt überlassen. All das sorgt dafür, dass bezahlbarer Wohnraum knapper wird und die Mieten massiv steigen (Mieten).

Die Fraktion DIE LINKE fordert ein Rettungsprogramm für den sozialen Wohnungsbau:

  • Einmal Sozialwohnung – immer Sozialwohnung. Die Mietpreis- und Belegungsbindungen dürfen nicht schon nach wenigen Jahren auslaufen und auslaufende Bindungen müssen kurzfristig verlängert werden.
  • Ein öffentliches Wohnungsbauprogramm nach Wiener Vorbild, das jährlich 15 Milliarden Euro über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren in den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau investiert. So können jährlich 250.000 Sozialwohnungen und weitere 130.000 kommunale und genossenschaftliche Wohnungen entstehen.
  • Bundeseigene Liegenschaften müssen vorrangig und deutlich verbilligt an kommunale und gemeinnützige Träger abgegeben werden.
  • Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben soll ein bundeseigenes Wohnungsbauprogramm auflegen und dabei mindestens 30 Prozent der Wohnfläche als Sozialwohnungen errichten.
  • Ein Rekommunalisierungs-Fond in Höhe von zwei Milliarden Euro im Jahr soll Länder und Kommunen beim Ankauf von Wohnungen und Grundstücken für den sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbau unterstützen.

Wir fordern außerdem eine neue Wohngemeinnützigkeit, um einen nicht-profitorientierten Wohnungssektor zu schaffen. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen sollen einen privilegierten Zugang zu Fördermitteln, Steuervergünstigungen und Grundstücken erhalten. Im Gegenzug müssen sie sich auf einen dem Gemeinwohl dienenden Zweck verpflichten: dauerhaft bezahlbare Mieten, vorrangige Vermietung an Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen sowie besondere Bedarfsgruppen, eine Beschränkung der Gewinne und die Reinvestition der Überschüsse in Bau, Ankauf und Modernisierung von Wohnungen. Die neue Wohnungsgemeinnützigkeit soll allen kommunalen, genossenschaftlichen oder privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen oder Wohnprojekten jeder Rechtsform offenstehen.


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