Woher kommt das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger, und wann fühlen sie sich sicher? Sie fühlen sich sicher, wenn sie sich in ihrem Alltag sicher bewegen können, nicht beeinträchtigt werden durch Zukunftsangst, durch Klein- oder Alltagskriminalität. Sie fühlen sich sicher, wenn sie in S-Bahnen und Zügen weder beklaut noch angepöbelt werden.
Sicherheit in diesem Sinn kann nicht exklusive Aufgabe der Polizei sein. Im Gegenteil: Die Polizei kann auch Teil der Probleme sein. Öffentliche Sicherheit ist Angelegenheit der Bürgerinnen und Bürger, die auch sicher sein müssen, vor unberechtigten und unangemessenen Eingriffen der Polizei bzw. des Staates zu sein.
Eine Politik für öffentliche Sicherheit untersucht konkret, was im Alltag für bestimmte Gruppen - Alte, Junge, Ausländerinnen und Ausländer, Frauen - bedrohlich sein könnte. Sind Tunnel zu dunkel, Geschäftsstraßen zu verlassen, Parkhäuser zu groß und ohne Personal? Bestimmen Neonazi-Gruppen die Atmosphäre im Viertel oder wird der Personennahverkehr zu früh am Abend eingestellt? Videokameras machen Plätze nicht sicherer, sie täuschen Sicherheit vor. Steigt die Kriminalität in bestimmten Stadtteilen tatsächlich oder produzieren nicht vielmehr reißerische Medienberichte ein Bedrohungsgefühl? Warum steigen bestimmte Formen jugendlicher Gewalt und welche Rolle spielen dabei soziale Lage, Situation der Bildungs- und Freizeiteinrichtungen? Öffentliche Sicherheit setzt nicht auf die von der Inneren Sicherheit angebotenen technischen Lösungen wie biometrische Daten, elektronische Einlasskontrollen, flächendeckende Videoüberwachung von Straßen und Plätzen.
Die Fraktion DIE LINKE hält Rechtssicherheit, soziale Sicherheit, gleiche politische und soziale Rechte für Menschen unterschiedlichster Herkunft und Kultur für entscheidende Grundlagen der Öffentlichen Sicherheit.
Bürgerinnen und Bürger, Behörden, gesellschaftliche Institutionen wie Schulen, Kirchen oder Freizeiteinrichtungen müssen gleichberechtigt prüfen, woher Unsicherheitsgefühle und reale Bedrohungen im Alltag tatsächlich kommen. Dann kann an diesen Ursachen angesetzt werden. Sie können oft auch besser als die Polizei prüfen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen und können, um Ursachen von Gewalt und Kriminalität im sogenannten Nahbereich zu begegnen.
Demokratische Beteiligung betroffener Bürgerinnen und Bürger an der Lösung von Problemen vor Ort ist ein entscheidendes Mittel zur Herstellung von Öffentlicher Sicherheit. Die Erfahrung, bedrohlich empfundene Zustände positiv beeinflussen zu können, ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg des Konzepts.
Im kommunalen Bereich und auf Landesebene z.B. bei Auseinandersetzungen um unsinnige technische Sicherheitsmaßnahmen vor Ort wie Videoaufzeichnungen, private Sicherheitstrupps fordern wir Bürgergremien, die Alternativen wie Beleuchtung, Freizeiteinrichtungen, Nachbarschaftshilfen und kulturelle Angebote diskutieren, vorschlagen und umsetzen können.
Straßenführungen, Gestaltung öffentlicher Plätze und öffentlicher Nahverkehr müssen auch mit dem Ziel der Erhöhung des Sicherheitsgefühls geplant werden.
Antifaschistische und antirassistische Initiativen, Anti-Gewalt-Initiativen müssen auf allen Ebenen gestärkt werden.
Resozialisierungskonzepte dürfen nicht aus populistischer Motivation aufgegeben und weiter durch Konzepte des Wegsperrens ersetzt werden.
Auf Landes- und Bundesebene fordern wir eine grundlegende Wende hin zu einer bürgerrechtsorientierten Sicherheitspolitik in Städten und Gemeinden. Wir fordern auch die finanzielle und personelle Unabhängigkeit von Sicherheitsräten und -partnerschaften.