Verbraucher:innen klagen selten ihre Rechte ein, wenn sie durch den Rechtsverstoß eines Unternehmens in kleineren Summen geschädigt wurden, zum Beispiel durch unberechtigte Bankgebühren. Aber auch bei Kartellabsprachen bei Kaffee, Bier oder Zucker werden Verbraucher:innen mit überhöhten Preisen geschädigt. Die Unternehmen wissen: Wer zieht wegen 10 Euro Schaden vor Gericht? Damit bleibt der unrechtmäßige Gewinn bei den Unternehmen, die oftmals weiter gegen Gesetze verstoßen. Individuelle Klagen stoßen schnell an Beweis- und Finanzierungsgrenzen.
Die in Folge des Diesel-Abgasskandals 2018 eingeführte Musterfeststellungsklage ermöglicht jetzt zwar, dass sich viele Verbraucher:innen einer Klage von Verbraucherverbänden anschließen können. Sie führt jedoch nicht zu einem unmittelbaren Schadensausgleich. Den letzten Schritt müssen Betroffene weiter individuell vor Gericht durchsetzen – solange kein Vergleich erzielt wurde. Außerdem ist sie so aufwendig, dass seit ihrer Verabschiedung 2018 nur 15 Klagen dieser Art angestrebt wurden, obwohl der Bedarf weitaus größer ist – zum Beispiel beim fahrlässigen Umgang der Unternehmen mit Kundendaten, der Rechtmäßigkeit von Energiepreiserhöhungen oder bei der Entschädigung von Flugpassagieren.
DIE LINKE begrüßt die EU-Verbandsklage, die bis Ende 2022 in deutsches Recht umgesetzt werden muss. Sie ermöglicht Verbändenbei Verstößen gegen die Interessen einer Gruppe von Verbraucher:innen Klagen zum Schutz von Kollektivinteressen und soll direkt bei den Verbraucher:innen zu einem Schadensausgleich wie Entschädigung, Preisminderung oder Rückzahlung führen. Damit könnte zum Beispiel der massenhafte Abzug von Kundendaten aufgrund einer Sicherheitslücke bei einer Software zu Schadensersatz führen. Kritisch sehen wir jedoch, dass nur Verbände aber nicht einzelne Verbrauchergruppen ein solches Verfahren anstreben können. Das wird die Anzahl der Klagen erheblich reduzieren, da es wenige Verbände gibt, die solche Klagen einreichen können.
DIE LINKE im Bundestag will:
- Sammel-/Gruppenklagen in Deutschland ermöglichen, damit Betroffene gemeinsam und unmittelbar Schadensersatz einklagen und damit Geld bekommen können, ohne von einer Verbandsklage abhängig zu sein. Diese Klagen müssen niedrigschwellig und kostenlos oder zu geringen Gebühren zugänglich sein.
- Die sofortige Umsetzung der EU-Verbandsklage in deutsches Recht. Die Fraktion DIE LINKE will in Deutschland ein „opt-out“-Verfahren, d. h. dass alle Verbraucher:innen, die von einem Rechtsverstoß betroffen sind, automatisch von der Klage profitieren, es sei denn sie lehnen dies ausdrücklich ab. Im Gegensatz dazu müssen die Verbraucher:innen bei einem „opt-in"-Verfahren ausdrücklich der Klage beitreten, wenn sie von dem Urteil profitieren wollen. Das nutzt nur den Unternehmen, denn es ist aufwendig zu kommunizieren und erreicht nicht alle Verbraucher:innen.
- Die Finanzsituation für Verbraucherverbände stärken, damit sie Verbands- und Musterfeststellungsklagen in großem Umfang durchführen können, zum Beispiel durch bessere Rechte bei der Abschöpfung unlauterer Unternehmensgewinne.
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