Der Regelsatz im Sozialrecht entspricht dem Existenzminimum. Er gilt für die bedürftigkeitsgeprüften Sozialleistungen: die Grundsicherung für Arbeitsuchende („Bürgergeld“ bzw. Hartz IV, geregelt im Sozialgesetzbuch 2), die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und die Hilfe zum Lebensunterhalt (beides geregelt im Sozialgesetzbuch 12) sowie die Asylbewerberleistungen.
Im Jahr 2023 liegt der Regelsatz für einen Alleinstehenden bei 502 Euro pro Monat, bei 451 Euro für Menschen in Partnerschaften und zwischen 318 und 420 Euro für Kinder und Jugendliche. Die Beträge sind viel zu niedrig, um z. B. eine gesunde Ernährung und soziale Teilhabe zu garantieren. Zusammen mit den Leistungen fürs Wohnen liegen sie deutlich unterhalb der Armutsgrenze. Die Grundsicherung bedeutet damit unverändert Armut und Ausgrenzung per Gesetz. Im diskriminierenden Sondersystem des Asylbewerberleistungsgesetz liegen die Beträge noch niedriger.
Ein Existenzminimum, das sicher vor Armut und Ausgrenzung schützt, muss politisch erkämpft werden. Von Gerichten, insbesondere vom Bundesverfassungsgericht, sind keine wesentlichen Verbesserungen zu erwarten. 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht die Berechnung der Regelsätze zwar als verfassungswidrig eingestuft und die Bundesregierung zu einer neuen Ermittlung gezwungen. Die Bundesregierung hat die neuen Beträge jedoch aufwändig kleingerechnet und eine merkliche Erhöhung verhindert. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Verfahren 2014 als „noch“ verfassungsgemäß eingestuft und damit ausgedrückt, dass die Grenzen zur Verfassungswidrigkeit nahe liegen. Von Verbänden und Fachleuten wird das Rechenmodell beständig kritisiert. Trotzdem hat die Bundesregierung bei den regelmäßigen Neuermittlungen in den Jahren 2016 und 2021 ihre Tricks wiederholt.
Ohne diese Rechentricks wäre eine Anhebung des Regelsatzes um mindestens 200 Euro sachgerecht. Das ergibt sich aus einer Berechnung des Statistischen Bundesamtes für die Fraktion DIE LINKE. Die ausführliche Kritik an der geltenden Berechnung und die Begründung der Alternativen finden sich in dem Hintergrundpapier von Katja Kipping aus dem Jahr 2016, das leider immer noch aktuell ist, sowie in unserem Antrag „Regelsatz ehrlich berechnen – Sonderzahlungen reichen nicht aus“. Die Anhebung um 53 Euro, die zum 01. Januar 2023 mit dem „Bürgergeld“ erfolgte, ändert nichts an diesen Rechentricks, sondern gleicht nur die gestiegenen Preise aus.
DIE LINKE fordert einen Politikwechsel zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Das bedeutet eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums, mehr und gute Arbeit und soziale Garantien für ein Leben ohne Armut und Ausgrenzung. Für die Grundsicherung fordert DIE LINKE:
- Als Sofortmaßnahme müssen die Regelsätze für Erwachsene um mindestens 200 Euro, für Kinder und Jugendliche um mindestens 100 Euro erhöht werden.
- Danach ist Hartz IV/Bürgergeld durch eine Sanktionsfreie Mindestsicherung von 1.200 Euro grundlegend zu überwinden. Sie gilt für Erwachsene ohne ausreichendes Einkommen oder Vermögen und umfasst den Lebensunterhalt sowie die Miete und sonstige Wohnkosten. In Ballungsräumen kann ergänzend Wohngeld bezogen werden.
- Für Personen im Rentenalter ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen gibt es eine Solidarische Mindestrente in Höhe von 1.200 Euro.
- Das Asylbewerberleistungsgesetz ist abzuschaffen. Die betreffenden Personen werden in den regulären Grundsicherungssystemen abgesichert.
- Für Kinder und Jugendliche soll es eine Kindergrundsicherung geben. Dabei wird das Kindergeld auf 328 Euro im Monat erhöht. Kinder aus armen Familien erhalten zusätzlich einen Zuschlag, sodass Kinder bis 5 Jahre bis zu 520 Euro erhalten, 6- bis 13-jährige Kinder bis zu 603 Euro und Jugendliche ab 14 Jahren 630 Euro. Darin sind Wohn- und Heizkosten bis 149 Euro monatlich pauschal berücksichtigt.
Antrag: "Regelsätze spürbar erhöhen – 200 Euro mehr gegen Inflation und Armut" von 2022.
Antrag: "Kinder-Sofortzuschlag armutsfest ausgestalten" von 2022.
Antrag: "Würde und Teilhabe ernst nehmen – Sanktionsfreie Mindestsicherung statt Bürgergeld" von 2021.
Antrag: "Kinderarmut überwinden, Kindergrundsicherung einführen" von 2020.