Gesundheit ist nicht alles – aber ohne Gesundheit ist alles nichts! Gesundheit ist eine zentrale Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung jedes Einzelnen. Es ist bekannt, dass die soziale Lage einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit hat: Wer arm ist, wird häufiger krank und stirbt früher. Die Gründe dafür sind vielfältig: schlechtere Arbeitsbedingungen, schlechtere Gesundheitsversorgung, weniger Anerkennung und vieles mehr.
In Deutschland leben Personen mit niedrigem Sozialstatus im Schnitt zehn Jahre kürzer als Personen mit hohem Sozialstatus. Eine Trendwende ist unter den gegebenen Bedingungen nicht zu erwarten – ganz im Gegenteil! Die Schere zwischen Arm und Reich geht gerade in Deutschland besonders schnell auseinander mit der Folge, dass die sozial bedingte Ungleichheit der Gesundheitschancen weiter ansteigt.
Die Gesundheit wird maßgeblich durch die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen bestimmt. Wir brauchen daher vor allem gesundheitsförderliche Lebens-, Arbeits- und Wohnbedingungen für alle Menschen. Arbeitsmarkt-, Bildungs-, Sozial-, Wohnungs-, Umwelt-, Kinder- und Familienpolitik müssen hierfür Hand in Hand arbeiten.
Gesundheitsförderung und Prävention können einen Beitrag dazu leisten, die sozial bedingte Ungleichheit von Gesundheitschancen zu verringern. Doch in Deutschland führen Gesundheitsförderung und Prävention nach wie vor ein Schattendasein, oft erschöpfen sie sich in wenig nachhaltigen Aufklärungs- oder Werbekampagnen. Notwendig sind flächendeckende und dauerhafte Angebote, die in den Lebenswelten der Menschen ansetzen – also dort, wo sie leben, spielen, lernen, wohnen und arbeiten. Die Angebote müssen die Menschen erreichen und dazu beitragen, ihre Lebenskompetenzen zu erhöhen. Darüber hinaus müssen diese darauf zielen, die Lebenswelt der Menschen positiv zu verändern. So sollte etwa Wohnraum so geplant werden, dass Kinder draußen spielen können oder Mobbing am Arbeitsplatz und in der Schule wirksam unterbunden werden.
Die Menschen sind an der Planung, Entwicklung und Umsetzung der Projekte vor Ort zu beteiligen. Einen Zwang zur Prävention – auch in Form von Bonus- oder Malusregelungen – lehnen wir ab.
Die Fraktion DIE LINKE streitet weiter für ein Präventionsgesetz. Das von der Großen Koalition verabschiedete Gesetz entspricht nicht dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zur Gesundheitsförderung. Zudem setzt die Bundesregierung Vereinbarungen aus internationalen Abkommen nicht um. So beruht die Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation WHO auf einem völlig anderen Verständnis von Gesundheitsförderung. Sie fordert die Regierungen auf, „bestehende soziale Unterschiede des Gesundheitszustandes zu verringern sowie gleiche Möglichkeiten und Voraussetzungen zu schaffen, damit alle Menschen befähigt werden, ihr größtmögliches Gesundheitspotential zu verwirklichen.“ Ein Präventionsgesetz muss in erster Linie die Lebensbedingungen in den Blick nehmen – etwa angemessene Wohnbedingungen, gute und planbare Arbeit, ein gutes Einkommen, Frieden, Bildung und Umwelt – und nicht das individuelle Gesundheitsverhalten (siehe Antrag).
Um wirklich einen Paradigmenwechsel in Gesundheitsförderung und Prävention zu erreichen, müssen die Mittel massiv erhöht werden. Die gesamtgesellschaftliche Verantwortung muss in der Finanzierung zum Ausdruck kommen: Bund und Länder, alle Sozialversicherungszweige sowie die private und gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung müssen die erforderlichen Mittel aufbringen. Die Finanzmittel sollen zum überwiegenden Teil in Projekte und Programme der lebensweltbezogenen Prävention fließen, damit das oberste Ziel – die Verringerung der sozial bedingten Ungleichheit der Gesundheitschancen – auch gelingen kann.