Eine gute Gesundheitsversorgung muss allen Menschen in Deutschland offenstehen. Dazu gehören angemessen kurze Wartezeiten auf eine Behandlung und eine gute Notfallversorgung. Deutschland hat eine hohe Arztdichte und trotzdem klagen viele Menschen über Unterversorgung. Nicht nur in ländlichen Regionen müssen für fachärztliche Termine häufig lange Wege und lange Wartezeiten in Kauf genommen werden. Daran haben auch die verschiedenen Extra-Honorare für die Ärzt:innen, die von den letzten Bundesregierungen eingeführt wurden, nicht entscheidend etwas verbessert.
In besser situierten Regionen mit vielen Privatversicherten finden sich dagegen mehr Ärzt:innen als notwendig wären. Ursachen für diese Ungleichverteilung sind neben der allgemeinen Landflucht die bessere Bezahlung für die Behandlung von Privatversicherten, das Festhalten an der althergebrachten Einzelpraxis und der fehlende Mut der Bundesregierung, durch den Abbau von Überversorgung die Ressourcen für eine gute Versorgung auf dem Land und in sozial benachteiligten Stadtgebieten zu sorgen. Die weiterhin getrennte Planung der ambulanten und der stationären Versorgung behindert einen effizienten Einsatz der vorhandenen Ressourcen.
DIE LINKE fordert: Die Interessen der Patient:innen dürfen nicht im Kompetenzgerangel und Verteilungskampf zwischen Krankenkassen, Ärzteschaft, Krankenhausbetreibern und anderen großen Interessensvertretungen untergehen. Kooperation statt Konkurrenz soll die Versorgung prägen, damit die Patient:innen wieder in den Mittelpunkt des Gesundheitssystems rücken. Eine stille Rationierung, die in den letzten Jahren in die Versorgung Einzug gehalten hat, nehmen wir nicht hin.
Damit alle Menschen gute und wohnortnahe medizinische Versorgung erhalten, müssen Arztpraxen, Krankenhäuser und Versorgungszentren besser zusammenarbeiten und auch zusammen geplant werden. Ungleiche Wartezeiten und Behandlungsqualität für privat und gesetzlich Versicherte darf es nicht geben. Das ist einer der Gründe, warum wir eine Solidarische Gesundheitsversicherung und die Abschaffung der privaten Krankenversicherung wollen. Nicht nur auf dem Land sollen Polikliniken mittelfristig zu einem Rückgrat der ambulanten Versorgung werden. Sie ermöglichen nicht nur eine moderne, interdisziplinäre Behandlung, sondern entsprechen dem Wunsch vieler junger Ärztinnen und Ärzte nach einer sicheren und flexiblen Anstellung. Allerdings muss ein dabei weiterer Einzug von Kapitalanlegern ("private equity") im Gesundheitssystem, der derzeit v. a. über Medizinische Versorgungszentren (MVZ) stattfindet, gestoppt und rückgängig gemacht werden.
Während bislang vergeblich versucht wurde, das Problem über finanzielle Anreize, z. B. steigende Honorare, in den Griff zu bekommen, geht die LINKE die strukturellen Ursachen an. Mit der Einführung der bis heute gültigen vertragsärztlichen Bedarfsplanung Anfang der 90er-Jahre wurde der damalige Stand fest- und fortgeschrieben, ohne jemals den tatsächlichen Bedarf an gesundheitlicher Versorgung zu ermitteln. Die daraus abgeleiteten Zahlen bilden nicht den tatsächlichen Bedarf ambulanter ärztlicher Leistungen ab.
Wir haben ein Konzept zur Weiterentwicklung und Überwindung der ärztlichen Bedarfsplanung vorgelegt. Der Versorgungsbedarf muss durch eine fundierte wissenschaftliche Basis ermittelt werden. Dabei werden Morbidität, Mobilität, Handicaps, Geschlechterverteilung sowie die Altersstruktur von Versicherten einbezogen. Berücksichtigt werden auch die Leistungserbringer sowie die regionale Infrastruktur und soziale Entwicklung. Die Bedarfsplanung muss daher alle Bereiche der Gesundheitsversorgung umfassen, also zum Beispiel auch Physiotherapie, Psychotherapie und andere Heilberufe. Die ambulante und stationäre wie auch die pflegerische Versorgung muss sektorenübergreifend geplant werden.
In dünn besiedelten Regionen sind Entfernungen und die teils schlechte Infrastruktur große Hindernisse für die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Die Linksfraktion schlägt daher vor, die Mobilität sowohl der Patientinnen und Patienten als auch der Leistungserbringerinnen und -erbringer zu erhöhen. So können fahrende, gut ausgestattete Praxen das Angebot zu den Menschen bringen. Umgekehrt können Shuttle-Services den Anfahrtsweg für Patientinnen und Patienten eines Dorfes effektiv erhöhen, so dass auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität nicht von der Versorgung abgeschnitten sind.
Zur Sicherung der Versorgung müssen verstärkt Angestelltenverhältnisse zum Beispiel in kommunalen MVZ ermöglicht werden und sektorenübergreifende Konzepte mit poliklinischen Strukturen verbessert und ausgebaut werden. Um ärztliche Unterversorgung bekämpfen zu können, werden Zweigniederlassungen erleichtert und Ärzt:innen beispielsweise eingerichtete Praxen an zentralen Orten tageweise zur Verfügung gestellt. Telemedizinische Angebote können unterstützend eingesetzt werden, sie dürfen aber die Möglichkeit eines direkten Kontakts zu den Behandler:innen nicht ersetzen.