Kinder haben ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Betreuung, Bildung und Förderung in Kindertageseinrichtungen oder Tagespflege. Umgangssprachlich ist von einem Recht auf einen Kitaplatz die Rede. Eltern erleichtert dies die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gute Kitas tragen zur Reduzierung sozialer Ungleichheit bei und ermöglichen Kindern die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Doch es läuft nicht rund. Das System Kita ist chronisch unterfinanziert. Zuletzt stiegen die Ausgaben für die Kinderbetreuung jedes Jahr um ca. 3 Milliarden Euro auf 42,6 Milliarden Euro im Jahr 2021 an. Diese anwachsende finanzielle Belastung müssen Länder und Kommunen alleine stemmen. Das geht auch zu Lasten anderer Angebote der Kinder- und Jugendhilfe sowie der sozialen Infrastruktur insgesamt.
Um den seit 2013 bestehenden Rechtsanspruch auf frühkindliche Bildung, Betreuung und Förderung einzulösen, fehlen aber immer noch bis zu 400.000 Kitaplätze. Es bestehen große Unterschiede bei Qualität, Öffnungszeiten und Gebühren. Die Gebühren können zwischen benachbarten Gemeinden im dreistelligen Bereich schwanken. Die sogenannte Fachkraft-Kind-Relation ist unterschiedlich weit von einem Idealzustand entfernt. Der Rechtsanspruch wird teilweise nur halbtags gewährt. Insbesondere in Ballungsräumen fehlen passende Räumlichkeiten, worauf auch mit Abstrichen z. B. bei Freiflächen geantwortet wird. Zu kurze Öffnungszeiten und unzureichende Teilzeitbetreuungsangebote runden das Bild ab.
Spätestens seit Corona – hier war den meisten Kindern der Zugang zu ihren Kitas und Spielfreund:innen verwehrt - findet in vielen Kitas nur noch ein eingeschränkter Betrieb statt. Die Förderung der Kinder kommt auf Grund des Fachkräftemangels regelmäßig zu kurz und verlässliche Öffnungszeiten sind zu häufig Makulatur. Jede:r kranke:r Erzieher:in droht den Betrieb zusammenzubrechen zu lassen. Zu oft stehen Eltern mit ihren Kindern unerwartet vor verschlossenen Einrichtungen und müssen ihren Alltag umdisponieren.
Zur Verwirklichung des Rechtsanspruchs und einer guten Qualität fehlen auch bis zu 300.000 Fachkräfte. Der Fachkräftemangel wird mit dem ab 2026 in Kraft tretenden Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung im Grundschulalter weiter zunehmen. Das im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) geltende Fachkräftegebot wird zusehends ausgehöhlt, in dem bspw. bereits Auszubildende vielerorts als Fachkräfte angerechnet werden oder aber der Einsatz eines bestimmten Anteiles von Nichtfachkräften legalisiert wird. In der Summe verschlechtern sich die Bedingungen für Kinder und Beschäftigte, die Personalfluktuation nimmt zu, die Qualität leidet. Statt die Arbeitsbedingungen zu verbessern, um den Erzieher:innenberuf attraktiver zu gestalten und Fachkräfte zu halten, hat die chronische Unterfinanzierung des Systems eine Abwärtsspirale befördert.
Sämtliche Bundesregierungen der letzten Jahre haben versagt und Familien wie auch Länder und Kommunen im Regen stehen lassen. Statt mit einem wirklichen Kitaqualitätsgesetz für die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet einzutreten, ernsthaft an einer Problemlösung zu arbeiten und die chronische Unterfinanzierung aufzulösen, ließ sich die letzte Bundesregierung für ihr befristetes „Gute-Kita-Gesetz“ und die neue Bundesregierung für ihr wiederum befristetes „Kita-Qualitätsgesetz“ feiern. Beide Gesetze haben ihren Namen nicht verdient, denn sie beinhalten lediglich eine geringfügige bis 2024 befristete finanzielle Unterstützung von insgesamt 2 Milliarden Euro pro Jahr, die wiederum einen erheblichen bürokratischen Aufwand mit sich bringt und die massive Geldentwertung insbesondere ab 2022 ausblendet. Zuletzt hat die Bundesregierung des Bundesprogramm Sprach-Kitas gekürzt, um weitere 260 Millionen Euro zu sparen. Dies wird vielerorts zu Gebührenerhöhungen in Kitas führen und damit Exklusion befördern. Keine Bundesregierung der vergangenen Dekaden hat den eh schon unterfinanzierten Bereich Kita derart gekürzt wie die Ampel. Die Abwärtsspirale lässt sich so nicht aufhalten!
Leidtragende sind die Eltern und ihre Kinder. So kann es nicht weiter gehen. DIE LINKE hat als erste Fraktion im Deutschen Bundestag bereits 2014 ein Konzept für die Entwicklung eines Kitaqualitätsgesetzes (PDF) vorgelegt und damit das Thema in den Bundestag geholt und 2022 nachgelegt: Entschließungsantrag.
DIE LINKE fordert:
- die Mittel für das bis 2024 befristete sogenannte Kita-Qualitätsgesetz auf 6,1 Milliarden Euro jährlich zu erhöhen und damit einen Qualitätsschub auszulösen sowie die Zukunft der Sprach-Kitas sicherzustellen;
- ein weiteres Sondervermögen von zunächst zwei Milliarden Euro für Investitionen in die Einrichtungen bereitzustellen;
- bis 2025 gemeinsam mit allen Beteiligten und Expert:innen ein Qualitätsgesetz mit verbindlichen Standards zu entwickeln, um die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und damit die Qualität der Betreuung, Bildung und Förderung zu verbessern (insb. Verbesserung Fachkraft-Kind-Relation, Zeiten für Vor- und Nachbereitung sowie Elterngespräche, Leitungssfreistellung) und den Zugang zu den Kitas zu erleichtern und zu verbessern (insb. durch einen Anspruch auf acht Stunden Mindestbetreuung, die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung abzuschaffen und eine hochwertige gebührenfreie Essensversorgung einzurichten);
- in das Qualitätsgesetz entsprechende Regelungen für die Kindertagespflege aufzunehmen. Beschäftigte in der Kindertagespflege sollen aus prekären Beschäftigungslagen herausgeholt und sozialversicherungspflichtig angestellt werden;
- die Unterfinanzierung des Systems mittels einer Neuregelung der Lastenverteilung der Kinderbetreuungskosten zwischen dem Bund und den Ländern zu beenden. Der Anteil des Bundes soll dabei ein Drittel der Gesamtaufwendungen betragen;
- ein Konzept zur Bekämpfung des Fachkräftemangels zu entwickeln, in diesem Zusammenhang das Berufsfeld aufzuwerten sowie mehr Erzieherinnen und Erzieher auszubilden und diese besser zu qualifizieren.