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Inkasso – unseriöse Geschäftspraktiken

Themenpapiere der Gruppe

Aggressive Inkassoschreiben und hohe Inkassogebühren sind für viele Verbraucherinnen und Verbraucher seit Jahren ein massives Problem. Betroffene fühlen sich durch Inkassoschreiben bedroht und eingeschüchtert und zahlen – aus Angst und weil sie ihre Rechte nicht kennen. Unseriöse Inkassounternehmen drohen mit einem Schufa-Eintrag, Hausbesuchen, Gehaltspfändung oder einer Klage, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher die oft ungerechtfertigten und überhöhten Forderungen nicht bezahlen. Untergeschobene Verträge infolge unlauterer Telefonwerbung werden durch Inkassobriefe durchgedrückt.

Die Inkassobranche verdient jährlich fast 2 Milliarden Euro an den Zahlungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Dabei werden enorme Aufschläge auf den eingeforderten Hauptbetrag berechnet, was zusätzliche und nicht notwendige Kosten auf Verbraucherseite verursacht, die sich auf der anderen Seite vor allem große Unternehmen im Kundenservice und im Mahnwesen sparen. So wurde aus einer 30 Euro-Schuld schnell eine 100 Euro-Inkassoforderung. Gleichzeitig verbinden die Inkassounternehmen generell Ratenzahlungsvereinbarungen mit nachteiligen Schuldanerkenntnissen, die die Betroffenen von ihren Rechten abschneidet.

Die 2020 verabschiedete Reform des Inkassorechts wird auch weiterhin den dringendsten Problemen und festgestellten Defizitennicht gerecht. Die Gebührensätze sind weiterhin viel zu hoch, insbesondere wenn zusätzlich eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen wird. Es missachtet die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der ein massenhaftes vollautomatisiertes außergerichtliches Inkasso, bei dem die einzuziehende Forderung rechtlich nicht geprüft wird (s.g. Masseninkasso), keine rechtsanwaltliche Tätigkeit, sondern eine kaufmännische Dienstleistung ist. Die Bindung der Inkassokosten an die Rechtsanwaltsvergütung ist weder sachgerecht, noch verbraucherfreundlich.

DIE LINKE kritisiert, dass die Inkassokosten vor allem für finanzschwache Menschen nicht gesenkt werden, die damit den lukrativen Geschäftszweig der Inkassowirtschaft weiter finanzieren. Diese Menschen befinden sich oft in einer Schuldenspirale, die immer höhere Inkassoaufschläge und Zinsen verursacht. Das ist ein sozialpolitischer Kahlschlag.

Deshalb will DIE LINKE:

  • die Inkassokosten von der Rechtsanwaltsvergütung abkoppeln und in einem einfachen, klar verständlichen Gesetz an den tatsächlichen Aufwand anpassen. Aufwendungen für Porto, Konto und Telefon dürfen nicht extra berechnet werden. Wir schlagen folgende maximale Inkassokosten vor:
    • 5 Euro bei Forderungen bis 50 Euro,
    • 15 Euro ab Forderungen von 50 Euro bei 1. Mahnung,
    • 25 Euro ab Forderungen von 50 Euro, wenn mehr als 1 Mahnung notwendig ist,
    • 40 Euro ab Forderungen von 50 Euro bei besonders aufwendigen Inkassoverfahren, wenn zum Beispiel der Abschluss einer (Raten)Zahlungsvereinbarung oder ein gerichtliches Mahnverfahren notwendig ist;
  • „ohne Schaden keinen Schadensersatz“: Die Entstehung von Inkassokosten müssen durch den Auftraggeber (Unternehmer) nachgewiesen werden;
  • Verbot der Kopplung von Ratenzahlungsvereinbarung und Schuldanerkenntnissen oder sonstigen rechtsverbindlichen Erklärungen wie einen Einrede- oder Einwendungsverzicht gegen die Hauptforderung oder eine Sicherungsabtretung von Löhnen und Sozialleistungen. Eine solche Vereinbarung wäre unwirksam;
  • keine Ausnahmen beim Verbot der doppelten Kostenberechnung (Doppelbeauftragung von Anwalt und Inkassodienstleister);
  • Anrechnungsreihenfolge bei Teilleistungen (Raten) soll geändert werden: von derzeit Inkassokosten-Zinsen-Hauptschuld im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher in eine Hauptschuld-Inkassokosten-Zinsen-Reihenfolge;
  • keine Ausnahmen bei den Informationspflichten über die Hauptforderung, z.B. bezüglich der Anschrift des Auftraggebers;
  • Inkassounternehmen soll es untersagt werden, die Schuldnerinnen und Schuldner durch Telefonanrufe unter Druck zu setzen;
  • Aufsicht der Inkassobranche bundeseinheitlich durch das Bundesamt für Justiz;
  • Stärkung der Verbraucher- und Schuldnerberatung und Verankerung eines Rechts auf Schuldnerberatung für Alle im Gesetz.

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