Rund 3,6 Millionen Gewerbetreibende und Unternehmen sind Pflichtmitglieder in einer von 79 Industrie- und Handelskammern (IHK). Diese gesetzlich geregelte Pflichtmitgliedschaft ist seit Jahren heftig umstritten. Das zeigen Umfragen ebenso wie Petitionen an den Deutschen Bundestag. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen kritisieren, dass sie gezwungen sind, eine Kammer zu finanzieren, die nicht oder kaum in ihrem Interesse handelt und deren Nutzen sie nicht erkennen können.
Auch die Fraktion DIE LINKE ist der Auffassung, dass es bei den IHK gravierende Mängel und Fehlentwicklungen gibt.
- Die IHK-Beiträge belasten – im Verhältnis zum jeweiligen Gewerbeertrag – Kleinst- und Kleinbetriebe ungleich stärker als Großkonzerne.
- Die IHK orientieren sich zu sehr am Bedarf der Großunternehmen, obwohl gerade diese die Mittel hätten, um ihre Probleme selbst zu lösen.
- Auf einigen Gebieten, wie etwa bei Lehrgängen und Gutachten, tritt die IHK in Konkurrenz zu den eigenen Mitgliedern auf – bisweilen zu nicht kostendeckend kalkulierten Preisen.
- Ausbildungsbetriebe beklagen ungerechtfertigt hohe Registrierungs- und Prüfungsgebühren.
- Entgegen dem IHK-Gesetz, das eine „abwägende und ausgleichende“ Vertretung von Gesamtinteressen der Kammermitglieder verlangt, werden von IHK-Vorständen häufig einseitige Interessen vertreten.
- Unangemessene Repräsentanzkosten und unsinnige Werbekampagnen widersprechen dem gesetzlichen Auftrag ebenso wie unnötig hohe Ausgaben für Mehrfachbesetzungen von Geschäftsführerposten.
- Die in den IHK-Satzungen enthaltenen Transparenz- und Demokratiegebote haben sich in der Praxis häufig ins Gegenteil verkehrt, in Intransparenz und „Klüngelwesen“.
Die Fraktion DIE LINKE fordert die Befreiung von IHK-Beiträgen für Kleinst- und Kleinbetriebe bis zu 30.000 Euro Gewerbeertrag und eine Reform der Industrie- und Handelskammern. Für DIE LINKE sind bei einer grundlegenden Reform des IHK-Gesetzes von 1956 folgende Eckpunkte zu berücksichtigen:
- Die IHK werden verpflichtet, ausschließlich im Sinne ihrer Kernaufgaben – der Dienstleistungen für die Mitgliedsfirmen – tätig zu werden und auf diese Weise die Mindereinnahmen, die aus einer neuen Beitragsregelung resultieren, zu kompensieren.
- Die IHK werden zu umfassender und strikter politischer Neutralität verpflichtet, da jede Stellungnahme zu politischen Themen die Interessen bestimmter Kammermitglieder verletzen kann.
- Die Nutzung von Kammereinrichtungen als einseitige Interessenvertretung der Arbeitgeber ist ebenso zu unterbinden wie die Verflechtung von Arbeitgeberverbänden mit den Kammern.
- Um Kostenbewusstsein, Demokratie und Transparenz zu befördern, werden für Geschäftsführung, Veröffentlichungspflichten, Rechenschaftslegung sowie für die Teilhabe und die Repräsentanz der Kammermitglieder strenge Mindeststandards festgelegt.
- Den IHK ist jeglicher Wettbewerb mit den eigenen Mitgliedern zu untersagen.
- Bei den Industrie- und Handelskammern wird eine qualifizierte Mitbestimmung eingeführt. Alle Organe der Kammern sind paritätisch durch Betriebsinhaber- und Arbeitnehmervertreter zu besetzen.