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Hochwasserschutz

Themenpapiere der Gruppe

Grundsätzlich zu unterscheiden sind Hochwasser von Flüssen – wie die durch Starkregen ausgelösten Überschwemmungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Sommer 2021 - und Sturmfluten der Meere. Die Entstehung, der Verlauf und mögliche Gegenmaßnahmen unterscheiden sich sehr. Auch die absehbare Wirkung der Klimaerhitzung wird sehr unterschiedlich eingeschätzt. Während es für Flüsse bisher noch keinen erkennbaren Trend gibt, zeigen die Pegel der Nord- und Ostsee einen überwiegend signifikanten Anstieg für den Meeresspiegel. Für die Küstenregionen heißt dies, sie müssen sich auf eine langsam zunehmende Gefährdung einstellen. Allerdings haben die Überschwemmungen 2021 gezeigt, Vorsorgemaßnamen an Flüssen dürfen nicht auf große Flüsse beschränkt werden.

Da Hochwasserschutz Daseinsvorsorge ist, muss er vorausschauend, überregional, ökologisch und sozial verträglich organisiert werden. Es geht darum, Hochwässer möglichst zu vermeiden, Folgen zu mindern und Schäden zu regulieren.

Als Reaktion auf mehrere Fluten großer Flüsse wurde unter Koordination des Bundes ein nationales Hochwasserschutzprogramm (NHWSP) ausgearbeitet, welches als Kernstück eine Liste mit prioritären, überregional wirksamen Hochwasserschutzmaßnahmen beinhaltet. Hochwasserschutz liegt in der Bundesrepublik in der Zuständigkeit der Länder. Daher sind die Maßnahmen für länderübergreifenden Hochwasserschutz von besonderer Bedeutung. Andernfalls kann es dazu kommen, dass sich Probleme – wie bei der Elbe durch den vermehrten Deichbau in Sachsen geschehen – nur ins Nachbarbundesland verlagern. Das Hochwasserschutzprogramm fördert Deichrückverlegungen, Überflutungsflächen und Projekte zur gesteuerten Hochwasserrückhaltung wie Flutpolder.

Durch Eindeichungen und Flussbegradigungen stehen große Teile der ursprünglichen Flussauen nicht mehr als Überschwemmungsgebiete zur Verfügung. Vordringliches Ziel des präventiven Hochwasserschutzes muss es daher sein, mehr Überflutungsflächen zu schaffen. Dies kann durch Rückdeichungen erfolgen oder durch Polderflächen, die nur im Hochwasserfall geflutet werden.

DIE LINKE befürwortet das Nationale Hochwasserschutzprogramm, fordert aber Koodinierungsstellen von Flussgebietsgemeinschaften, um Länderprogramme zum Hochwasserschutz besser aufeinander abzustimmen. Auswahl und Priorisierung von Vorsorgemaßnahmen sind so festzulegen, dass eine bestmögliche Wirksamkeit für das Flussgebiet unabhängig von Ländergrenzen erfolgt. Eine Gesamtbetrachtung ist vorzunehmen: Schutzmaßnahmen an Oberläufen dürfen das Hochwasserrisiko stromabwärts nicht vergrößern. Dem Bund kommt dauerhaft eine wichtige Rolle bei der Koordinierung von länderübergreifenden Hochwasserschutzmaßnahmen zu. Abzustimmen sind unter anderem:

  • Sicherung des Datenflusses zwischen den Ländern und Sicherung eines aussagefähigen Pegelsystems in den Flussgebieten,

  • einheitliche Festlegung und Anpassung von Bemessungsgrundlagen für den Hochwasserschutz,

  • Gleichbehandlung bei der Entschädigung von Landnutzern in Retentionsräumen,

  • Angleichung von Hochwasserwarnstufen.

Sowohl auf Bundesebene als auch in den Ländern sind Maßnahmen zu befördern und abzustimmen, die die Entstehung von Hochwasserereignissen bremsen können (Klimaschutz, Reduzierung der Flächenversieglung und Bodenverdichtung, hochwassermindernde Bodenbewirtschaftung, Wasserrückhalt im Einzugsgebiet der Oberläufe).

Neben Überflutungen durch Oberflächengewässer spielen in Zeiten hoher Niederschläge auch Vernässungen durch hohe Grundwasserstände eine wichtige Rolle. Dies ist bei den Risikobetrachtungen gleichwertig mit zu berücksichtigen.

Hochwasserschutz darf nicht getrennt von der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie gesehen werden. Die Wasserrahmenrichtlinie ist auch eine Chance für einen ökologischen Hochwasserschutz. Die Verminderung des Schadstoffgehaltes im Wasser mindert auch das Risiko von Bodenkontaminationen nach Überflutungsereignissen. In solchen Fällen sollen die Länder und ihre Bodenschutzbehörden vor Ort den Betroffenen Hilfestellung geben.

Vorbeugender Hochwasserschutz ist gleichzeitig ein Beitrag zu mehr Naturnähe und bietet die Chance der Entwicklung flussauentypischer Lebensräume in Retentionsflächen. Das können im Einzelfall Flächen sein, die der natürlichen Dynamik überlassen werden. Vielfach werden Retentionsflächen weiter landwirtschaftlich nutzbar sein. Die landwirtschaftliche Nutzung in Überflutungs- und Polderflächen soll so erfolgen, dass das Risiko der Auswaschung von Schadstoffen (z.B. Dünger, Pflanzenschutzmittel) im Hochwasserfall minimiert wird. In akut hochwassergefährdeten Gebieten wird das Grünlandnutzung sein. Entsprechende Nutzungseinschränkungen sind (z.B. über Agrarumweltprogramme) auszugleichen.

Eingriffe in den Naturhaushalt durch Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes (Deichbau) sind auf das Notwendige zu beschränken und umfassend auszugleichen. Die Sanierung von umweltgefährdenden Altlasten in überflutungsgefährdeten Bereichen soll vorangetrieben werden, um Einträge in die Gewässer zu vermeiden.

Eine Versicherungspflicht für Gebäudeeigentümer gegen Elementarschäden soll eingeführt werden. Eine sich auf die Beitragshöhe auswirkende Risikodifferenzierung darf nicht dazu führen, dass Versicherungsbeiträge in Hochrisikogebieten unerschwinglich werden. Für den Fall der gesteuerten Flutung von Polder- und Retentionsflächen ist den betroffenen landwirtschaftlichen Betrieben eine verpflichtende und verlässliche Entschädigung des Ertragsausfalls zuzusichern. Im Fall gravierender Hochwasserschäden ist auch die Absiedlung besonders betroffener Siedlungsteile zu prüfen; Wiederaufbau an anderer Stelle soll mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, wenn dadurch Hochwasserschäden dauerhaft vermieden werden.

Die Bevölkerung muss bei Hochwasser sofort und flächendeckend gewarnt werden. Das Einblenden von Warnungen auf Bildschirmen, in Textbändern im laufenden Programm mit genauen Hinweisen zu Regionen und Hinweisen zu Handlungsempfehlungen sollte eine Pflichtaufgabe für alle Rundfunk- und Fernsehanbieter werden. Auch sollten die Möglichkeiten mobiler Endgeräte genutzt werden, um die Menschen in gefährdeten Gebieten zu warnen.