Gesundheit ist nicht alles – aber ohne Gesundheit ist alles nichts! Es ist bewiesen, dass die soziale Lage einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit hat: Wer arm ist, hat ein höheres Risiko, krank oder pflegebedürftig zu werden und früher zu sterben. Gesundheit ist eine zentrale Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung jeder und jedes Einzelnen. Umgekehrt hängt die Gesundheit auch von den eigenen Möglichkeiten ab, das eigene Leben und die Lebensbedingungen mitgestalten zu können.
Die Folgen von Armut ziehen sich durch alle Lebensbereiche: weniger Selbstbestimmung und Teilhabe, schlechtere Arbeitsbedingungen, mehr Belastung durch Umweltgifte und Lärm, schlechtere Gesundheitsversorgung und vieles mehr. Die gesundheitliche Ungleichheit folgt dabei der sozialen Ungleichheit, sodass Gesundheitsförderung letztlich auch Teil gesellschaftlicher Verteilungskämpfe ist. Eine Trendwende ist unter den gegebenen Bedingungen nicht zu erwarten – ganz im Gegenteil! Die Schere zwischen Arm und Reich geht in Deutschland auseinander.
Die Gesundheit wird maßgeblich durch die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen bestimmt. Wir fordern daher vor allem gesundheitsförderliche Lebens-, Arbeits- und Wohnbedingungen für alle Menschen. Arbeitsmarkt-, Bildungs-, Sozial-, Wohnungs-, Umwelt-, Kinder- und Familienpolitik müssen hierfür Hand in Hand arbeiten („health in all policies“). Wir fordern, dass jedes staatliche Handeln auf seine Auswirkungen auf die Gesundheit und die gesundheitliche Ungleichheit der Bevölkerung hin überprüft wird. Dafür soll ein unabhängiger wissenschaftlicher Beirat eingesetzt werden, der alle Gesetz überprüft, Folgen wissenschaftlich abschätzt und Empfehlungen abgibt („health impact assessment“).
Gesundheitsförderung und Prävention können einen Beitrag dazu leisten, die sozial bedingte Ungleichheit von Gesundheitschancen zu verringern. Doch in Deutschland führen Gesundheitsförderung und Prävention nach wie vor ein Schattendasein. Oft dominieren wenig nachhaltige Aufklärungs- oder Werbekampagnen, die die Betroffenen gar nicht erreichen. Da so gerade benachteiligte Menschen wenig erreicht werden, können sie die gesundheitliche Ungleichheit sogar vergrößern.
Für DIE LINKE steht eine Verhältnisprävention im Fokus und nicht nur eine reine Verhaltensprävention. Notwendig sind flächendeckende und dauerhafte Angebote, die in den Lebenswelten der Menschen ansetzen – also dort, wo sie leben, spielen, lernen, wohnen und arbeiten. Es geht nicht vor allem darum, Menschen zu „erziehen“, sondern mit ihnen zusammen Programme für mehr Wohlbefinden und Gesundheit zu erarbeiten und umzusetzen. Sie sollten darauf zielen, die Lebenswelt der Menschen positiv zu verändern, sodass zum Beispiel Kitas eine kindgerechte gesunde Umgebung und Ernährung bieten, psychischer Stress am Arbeitsplatz und in der Schule reduziert wird, Senior:innen unentgeltliche Erholungsplätze finden und Jugendliche auf gesunde Weise sich treffen und feiern können.
Die Fraktion DIE LINKE streitet weiter für ein wirksames Präventionsgesetz. Das von der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD im Jahr 2015 verabschiedete Gesetz entspricht nicht dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zur Gesundheitsförderung. Zudem setzt die Bundesregierung auch heute noch Vereinbarungen aus internationalen Abkommen nicht um. So beruht die Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation WHO auf einem völlig anderen Verständnis von Gesundheitsförderung. Sie fordert die Regierungen auf, „bestehende soziale Unterschiede des Gesundheitszustandes zu verringern sowie gleiche Möglichkeiten und Voraussetzungen zu schaffen, damit alle Menschen befähigt werden, ihr größtmögliches Gesundheitspotential zu verwirklichen.“
Um wirklich einen Paradigmenwechsel in Gesundheitsförderung und Prävention zu erreichen, müssen die Mittel massiv erhöht werden. Die gesamtgesellschaftliche Verantwortung muss in der Finanzierung zum Ausdruck kommen: Bund und Länder, alle Sozialversicherungszweige sowie die private und gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung müssen die erforderlichen Mittel aufbringen. Die Finanzmittel sollen zum überwiegenden Teil in Projekte und Programme der lebensweltbezogenen Prävention in den Kommunen fließen, damit die Verringerung der sozial bedingten Ungleichheit der Gesundheitschancen auch gelingen kann.
Antrag “Gesundheitliche Chancengleichheit stärken – Gesundheit als gesamtpolitische Aufgabe begreifen“ aus dem Jahr 2021.
Antrag “Gesundheitsförderung und Prävention konsequent auf die Verminderung sozial bedingter gesundheitlicher Ungleichheit ausrichten“ aus dem Jahr 2015.