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G20

Themenpapiere der Gruppe

G20 – das steht für die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Zu den G20 gehören die G7-Staaten (USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Kanada), die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika), Australien, die Schwellenländer Mexiko, Südkorea, Indonesien, Türkei, Saudi-Arabien, Argentinien sowie die EU mit einem eigenen 20. Sitz. In den 19 Staaten, die zur G20 gehören, leben rund 62 Prozent der Weltbevölkerung. Sie erwirtschaften fast 80 Prozent des weltweiten Bruttonationaleinkommens. Zählt man die gesamte EU hinzu, liegen die Anteile bei 66 bzw. 88 Prozent.

Die Formierung der G20 geht auf die Finanzmarktkrise in Asien in den Jahren 1997/1998 zurück. Das Format wurde 1999 auf Beschluss eines G7-Finanzministertreffens geschaffen. Seither tagten die G20 als Forum zur Verständigung über Fragen des globalen Finanzmarkts und haben die politischen Themen kontinuierlich erweitert. Eine große Rolle spielen weiterhin die Treffen der Finanzminister, Zentralbankchefs und Vertreter von IWF und Weltbank. Daneben sind die Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs getreten, die sich 2008 auf dem Höhepunkt der globalen Finanzmarktkrise zum ersten Mal trafen und seither regelmäßig zusammenfinden.

Der nächste Gipfel, zu dem auch der ukrainische Präsident Selenskij eingeladen wurde, wird im November 2022 unter der Indonesischen Präsidentschaft auf Bali stattfinden. Die gescheiterten Versuche, Russland aus den G20 auszuschließen, verdeutlichen den Widerstand des globalen Südens gegen die ökonomische Kriegsführung gegen Russland, die globale Auswirkungen hat. Im Jahr 2023 übernimmt Indien die G20-Präsidentschaft.

Vieles von dem, was wir an der G7 kritisieren, trifft auch auf die G20 zu. Es ist ein Club der mächtigsten Staaten, der global bedeutsame Fragen diskutiert und gemeinsame Positionen sucht. Auch wenn dieser Club wesentlich breiter aufgestellt ist, wird dabei der Rest der Welt, die übrigen 174 Mitglieder der Vereinten Nationen, systematisch ausgeschlossen. Es ist, wie die G7, ein selbstermächtigtes Forum, ohne völkerrechtlichen Auftrag und Legitimation, und schwächt die UNO.

Die derartigen Gipfeltreffen gehen zurecht mit Protesten und zumeist auch mit ausufernder Repression einher. In London wurden 2009 4.000 Demonstranten eingekesselt. Im darauffolgenden Jahr in Toronto wurden fast 1.000 Protestierende festgenommen. In Hamburg wurde unter deutscher Präsidentschaft der Gipfel als Festival der Demokratie versprochen und endete mit brutalen Polizeieinsätzen, für die der damalige Bürgermeister Olaf Scholz die Verantwortung trägt und die nicht aufgearbeitet wurden.

Die Gipfeltreffen der G20 sind darüber hinaus sehr aufwendig und teuer und DIE LINKE kann nicht erkennen, dass sich die Ausgaben für solche relativ nutzlosen Gipfel lohnen würden. Ihr Output steht in keinem Verhältnis zur Anmaßung einer Weltregierung, wie sie bei den Gipfeltreffen zelebriert wird. Die G20 hat ihr Themen-Portfolio im Laufe der Jahre erweitert. Unter dem Eindruck der Asien-Krise (erstes Treffen auf Finanzministerebene 1999) und der Weltfinanzmarktkrise (erster Gipfel 2008) stand zunächst die Frage der Finanzmarktregulierung auf der Agenda. Die Gipfel widmen sich aber auch anderen aktuellen Themen ihres gemeinsamen Interesses, wie dem Kampf gegen Terror, dem Klimawandel und zuletzt auch der Corona-Pandemie und deren wirtschaftlichen Folgen. Für all diese Fragestellungen wäre aber die UNO das richtige und legitime Forum. Denn erstens sind dort alle, und nicht nur auserwählte, Staaten vertreten, zweitens können völkerrechtlich bindende Beschlüsse herbeigeführt werden. Die G20 geben dagegen nur Erklärungen ab, deren Umsetzung ganz ins Belieben der Staaten gestellt bleibt. DIE LINKE fordert die Reformierung und Stärkung der Vereinten Nationen und insbesondere die Stärkung ihrer wirtschafts-, sozial- und finanzpolitischen Kompetenzen.

Die schiere Größe der repräsentierten Bevölkerung und der Wertschöpfung unterscheidet die G20 deutlich von der G7, die nur rund zehn Prozent der Weltbevölkerung repräsentiert. Es gibt auch qualitative Unterschiede. Die G7 ist nicht zuletzt nach dem Ausschluss Russlands ein vergleichsweiser homogener Block.

Der Aufstieg einiger Schwellenländer hat jedoch die globalen Kräfteverhältnisse verändert. Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika haben sich als BRICS-Staaten zusammengeschlossen und eine eigene Entwicklungsbank gegründet. In den G20 sind somit Blöcke vertreten, die nicht nur auf den Weltmärkten gegeneinander konkurrieren, sondern teilweise gegeneinander gerichtete Strategien verfolgen. DIE LINKE verkennt nicht, dass die G20 insofern auch ein Korrektiv zur G7 sein kann oder zumindest gewesen ist, als dass neoliberale Dogmen in der Wirtschaftspolitik dort nicht hegemonial sind. Trotzdem haben wir dieses Forum kritisiert, da sich hier die großen Staaten über ihre Interessen auf Kosten anderer nicht vertretener Staaten einigen können.

Allerdings hat sich die Konfrontation der Blöcke seit langem zugespitzt. Der wirtschaftliche Krieg der USA gegen China ist mit dem Ende der Präsidentschaft von Trump keineswegs beendet. Vielmehr steht die Welthandelsorganisation vor dem politischen Aus. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat die Blockbildung mit weitgehenden wirtschaftlichen Sanktionen und möglichen Sekundärsanktionen gegen Drittstaaten ganz neue Ausmaße angenommen. Wir weisen die Erzählung zurück, dass es dabei im Wesentlichen um eine Auseinandersetzung des demokratischen Westens mit der Bedrohung durch die autokratischen Regime Russlands und China geht. Wir erinnern daran, dass der NATO-Mitgliedsstaat Türkei unter dem Präsidenten Erdoğan eine autoritäre Willkürherrschaft entwickelt hat und auch die absolutistische Monarchie Saudi-Arabien als westlicher Partner Gründungsmitglied der G20 war. Auch mit Brasilien unter dem rechtsextremen und neoliberalen Bolsonaro und mit Indien unter dem ethnonationalistischen Modi haben die USA, die NATO-Staaten, die EU und auch Deutschland gern zusammengearbeitet. DIE LINKE verteidigt Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte und unterstützt Bewegungen, die diese Ziele teilen, überall in der Welt.

Die von den USA forcierte Eskalation der Auseinandersetzungen mit China, ist vor allem wirtschaftlicher und geopolitischer Natur. Die G20 sind nicht geeignet, das grundsätzliche Problem der geopolitischen und ökonomischen Widersprüche aufzuheben. Sie kann momentan aber als Forum der Auseinandersetzung eine Rolle spielen, bei der andere Staaten, die kein Interesse an dem Konflikt haben, öffentlich in die Diskussion eingreifen und auch im Westen gehört werden können.