Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis zählt zu den Grundrechten und ist im Artikel 10 Grundgesetz verankert. Die Möglichkeit, frei von staatlicher Kenntnisnahme zu kommunizieren, ist ein wesentlicher Bestandteil einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und aufgrund dessen besonders schützenswert.
Das Grundgesetz regelt, dass Einschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses nur auf Basis eines Gesetzes erfolgen können. Für die Nachrichtendienste des Bundes (Verfassungsschutz, BND und MAD) bildet das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz - G 10) die rechtliche Grundlage für diesen schwerwiegenden Eingriff. Darin ist geregelt, dass die sog. G 10-Kommission als unabhängiges und an keine Weisung gebundenes Organ über die Notwendigkeit und Zulässigkeit sämtlicher durch die Geheimdienste durchgeführten Beschränkungsmaßnahmen entscheidet.
Die Praxis der G 10-Kommission läuft jedoch wie folgt ab: Ein Dienst des Bundes (Verfassungsschutz, BND od. MAD) stellt einen Antrag beim Innenministerium, welches den Antrag prüft. Wenn das Innenministerium die Anordnung auf Abhören für Gerechtfertigt hält genehmigt sie dieses Verfahren, jedoch unter Vorbehalt der Zustimmung durch die G 10-Kommission. Die G 10-Kommission kann jedoch lediglich das genehmigen, was Nachrichtendienste des Bundes bei ihr beantragen. Sind die Nachrichtendienste des Bundes jedoch der Ansicht, es liegt überhaupt kein Eingriff in das Grundrecht aus Artikel 10 GG vor, wird die G 10-Kommission davon nichts erfahren und kann demzufolge auch keine Entscheidung treffen. Der NSA-Skandal hat gezeigt, dass dies nicht nur ein theoretisches Szenario ist.
DIE LINKE tritt daher für die komplette Abschaffung des G 10-Gesetzes (Gesetzentwurf, PDF) ein. Unberührt hiervon blieben die Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung für die Landespolizeien, die Bundespolizei und das BKA. Deren Befugnisse zur Einschränkung der Telekommunikationsfreiheit sind im BKAG und in der StPO geregelt.
Durch die Abschaffung des G 10-Gesetzes wird der Rechtsstaat wieder vom Kopf auf die Füße gestellt und das grundlegende rechtsstaatliche Prinzip, solange von staatlichen Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen ausgenommen zu sein, soweit keine Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegen, findet wieder Anwendung.
Wichtig zu betonen ist, dass durch die Aufhebung des G 10-Gesetzes keine Schutzlücken für die Bekämpfung von Straftaten sowie die Abwehr von Gefahren entsteht, da all diese Straftatbestände in §100a StPO geregelt sind. Da nicht nur die Begehung von Straftaten nach dem Strafgesetzbuch strafbar ist, sondern im konkreten Fall auch der Versuch, kann mit den Mitteln der StPO also bereits vor Schadenseintritt gearbeitet werden. Wer eine Straftat des Kataloges des § 100 a StPO versucht, hat wiederum keinen Anspruch darauf, von staatlichen Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen verschont zu bleiben.
Die Frage der tatsächlich nicht zu realisierenden Kontrolle hinsichtlich der Einhaltung der Vorgaben des G-10-Gesetzes durch die Nachrichtendienste würde sich bei einer Abschaffung des G-10-Gesetzes nicht stellen und es wäre ein erster Schritt hin zur Abschaffung der Nachrichtendienste getan.
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