Die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) enthält einen Katalog von Grundrechten, der nach dem Zweiten Weltkrieg von einer − im Nachgang des Den Haager Europa-Kongresses von 1948 − eingerichteten Kommission ausgearbeitet wurde. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg beaufsichtigt die Umsetzung der am 3. September 1953 in Kraft getretenen Konvention. Das Übereinkommen enthält neben den klassischen Freiheitsrechten ebenso einige soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte. Alle 47 Mitgliedsstaaten des Europarates haben die EMRK ratifiziert und im innerstaatlichen Recht verankert.
Mit der EMRK wurde in Europa erstmals ein völkerrechtlich verbindlicher und für jede Person einklagbarer Grundrechteschutz geschaffen. In der EMRK sind wichtige Freiheitsrechte verankert wie das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sowie das Verbot der Folter, der Sklaverei und Zwangsarbeit. Spätere Zusatzprotokolle enthalten eine Reihe ergänzender Menschenrechte wie das Recht auf Eigentum (1952), das Recht auf Freizügigkeit, das Verbot der Ausweisung aus dem eigenen Lande sowie von Kollektivausweisungen ausländischer Personen (1964). Die Gleichberechtigung der Ehepartner_innen (1984), ein erweitertes allgemeines Diskriminierungsverbot (2000) sowie die vollständige Abschaffung der Todesstrafe in Friedens- und Krisenzeiten (2002) sind weitere in der EMRK verbriefte Rechte.
Über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) besteht ein effektives rechtliches Schutzsystem für die EMRK, das dem Einzelnen Rechtsschutz gegenüber seinem Heimatstaat gewährt, maßgeblich über das Instrument der Individualbeschwerde. Diese kann nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs, in Deutschland inklusive einer Verfassungsbeschwerde, angestrebt werden. Über das Staatenbeschwerdeverfahren können Vertragsstaaten Verletzungen der EMRK durch einen anderen Vertragsstaat geltend machen. Der EGMR kann dann feststellen, ob gegen die Konvention verstoßen worden ist. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, einen völkerrechtsgemäßen Zustand zu schaffen, beispielsweise durch eine Gesetzesänderung. In Deutschland hat die EMRK den Rang eines einfachen Gesetzes, das aber von späteren Gesetzen nicht verdrängt oder abgeändert werden kann. Die innerstaatlichen Gesetze müssen gemäß den Bestimmungen der EMRK ausgelegt werden.
Im Jahr 1965 trat die Europäische Sozialcharta als ergänzendes rechtsverbindliches Instrument neben der EMRK in Kraft. Die darin enthaltenen, universell geltenden sozialen Menschenrechte wurden durch eine revidierte Fassung, die seit dem 1. Juli 1999 gültig ist, nochmals gestärkt. Bestandteile der Sozialcharta sind unter anderem das Recht auf soziale Sicherheit und Wohnung, das Recht auf Arbeit und damit verbundene Arbeitnehmerrechte wie Kollektivverhandlungen, Kündigungsschutz und Arbeitslosenunterstützung. Diverse Zusatzprotokolle regeln weitere Aspekte sozialer Rechte – beispielsweise das Recht auf Chancengleichheit und Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder das Recht älterer Menschen auf sozialen Schutz – und führen rechtliche Beschwerdemechanismen ein.
Alle Fraktionen im Deutschen Bundestag erkennen den Kernbestand der EMRK an. Die Ratifizierung der revidierten Fassung der Europäischen Sozialcharta sowie weiterer Zusatzprotokolle durch die Bundesregierung steht jedoch in Deutschland aus. Die insbesondere mit der Agenda 2010 ab dem Jahr 2003 eingeführte Politik der Privatisierung des öffentlichen Sektors sowie des Sozialabbaus widersprechen dem Inhalt und den Zielen der Sozialcharta. Die Schaffung des größten Niedriglohnsektors in Europa und die sukzessive Schwächung der Gewerkschaften sind mit den in der Sozialcharta verbürgten Rechten und Pflichten nicht vereinbar.
DIE LINKE tritt für die Umkehrung dieser neoliberalen Wirtschafts- und Sozialpolitik und für den Ausbau der sozialen Sicherungssysteme und der öffentlichen Infrastruktur ein. Daher fordert DIE LINKE die Ratifizierung der revidierten Fassung der Europäischen Sozialcharta durch die Bundesrepublik Deutschland. Soziale Menschenrechte müssen wie die in der EMRK verbrieften Grundrechte einklagbar sein. Des Weiteren setzt sich DIE LINKE für den Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention, inklusive der Sozialcharta und ihren Zusatzprotokollen, ein. Die Sozialcharta muss zur politischen und rechtlichen Grundlage für ein soziales Europa werden.