Arbeitslosengeld I ist eine Sozialversicherungsleistung, die Erwerbslosen eine annähernd den Lebensstandard sichernde Entgeltersatzleistung garantieren soll. Trotzdem ist die Angst vor Arbeitslosigkeit weit verbreitet. Denn wer seinen Job verliert, stürzt schnell in Hartz IV ab. Das Arbeitslosengeld I beträgt 60 Prozent des letzten Nettolohns (mit Kindern 67 Prozent) und wird in der Regel längstens für 12 Monate gezahlt. Dagegen bedeutet das Arbeitslosengeld II, besser bekannt als Hartz IV, nur noch 446 Euro pro Monat (Stand per 31.05.2021) für Alleinstehende zuzüglich Wohnkosten. Außerdem werden Einkommen, Vermögen und Partnereinkommen strikt angerechnet. Damit beginnt der Absturz in die Armut.
DIE LINKE setzt sich für eine Stärkung der Arbeitslosenversicherung ein: Junge Menschen sollen schneller einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten; langjährig Beschäftigte sollen davor bewahrt werden, nach kurzer Zeit in das Hartz-IV-System wechseln zu müssen. Zumutbare Arbeitsangebote müssen sich am Grundsatz „Gute Arbeit“ orientieren. Qualifizierung und Weiterbildung sollen gestärkt, das Arbeitslosengeld soll erhöht und ein Arbeitslosengeld Plus eingeführt werden. Ein jährlicher Inflationsausgleich soll eine Absenkung des Lebensstandards durch Preissteigerungen verhindern.
Die Arbeitslosenversicherung ist in den vergangenen Jahrzehnten gravierend geschwächt worden: Die Voraussetzungen für den Erhalt von Arbeitslosengeld wurden erschwert; die Bedingungen, die Arbeitslose bei Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses akzeptieren müssen, wurden verschärft; die Höhe des Arbeitslosengeldes wurde gesenkt, die alte Arbeitslosenhilfe abgeschafft. All das hat dazu beigetragen, dass Arbeitslose und Beschäftigte nicht auf Augenhöhe ihre Interessen gegenüber den Arbeitgebern vertreten können. Prekäre Beschäftigungsformen, eine magere Lohnentwicklung und eine einseitig auf den Export ausgerichtete Wirtschaft sind die Folge. Die damit einhergehende Verunsicherung und Unzufriedenheit bedrohen den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die politische Stabilität.
Ein Blick in die lange Geschichte der Arbeitslosenversicherung zeigt: Arbeitslosigkeit war schon einmal wesentlich besser abgesichert. Frühere Verbesserungen, wie die Erhöhung des Arbeitslosengeldes und des Weiterbildungsgeldes, fielen dabei sogar in wirtschaftliche Krisenjahre.
DIE LINKE die Position der Arbeitslosen wieder stärken und mit ihr das Wohl aller Beschäftigten und der Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt. Eine Stärkung der Arbeitslosenversicherung ist hierfür die notwendige Voraussetzung.
Unsere konkreten Forderungen lauten:
- Zugang zu Arbeitslosengeld erleichtern
DIE LINKE will den Zugang zum Arbeitslosengeld erleichtern. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen Arbeitslose schon nach vier Monaten Beschäftigung (Regelanwartschaftszeit), in denen sie Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, Arbeitslosengeld erhalten. Aktuell gilt eine Regelanwartschaftszeit von 12 Monaten. Gleichzeitig soll der Zeitrahmen, in dem die Regelanwartschaftszeit zu leisten ist (Rahmenfrist), von aktuell zwei (ab 2020: zweieinhalb Jahre) auf drei Jahre verlängert werden. - Verlängerte Bezugsdauer von Arbeitslosengeld
Die maximale Bezugsdauer von Arbeitslosengeld beträgt aktuell nach 24 Monaten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung 12 Monate. Wir wollen, dass Arbeitslose für jedes Beitragsjahr, das über 24 Monate hinausgeht, einen zusätzlichen Monat Arbeitslosengeld erhalten. Ältere Arbeitslose sollen nach 24 Monaten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung länger als 12 Monate Arbeitslosengeld erhalten (nach Vollendung des 50. Lebensjahres 18 Monate; nach Vollendung des 55. Lebensjahres 24 Monate; nach Vollendung des 60. Lebensjahres 36 Monate). - Qualifizierung und Weiterbildung stärken
Zeiten der Qualifizierung und Weiterbildung sollen bis zu einer Dauer von 24 Monaten nicht die Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld mindern. Ein Weiterbildungsgeld soll eingeführt werden, das 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts entspricht. - Faire Zumutbarkeitskriterien und keine Sperrfristen
Beschäftigten sollen keine Sperrzeiten drohen, wenn sie selbst kündigen oder konkrete Arbeitsangebote ablehnen. Arbeitsangebote müssen sich am Grundsatz „Gute Arbeit“ orientieren, das heißt, dass Lohnabschläge in der neuen Beschäftigung nicht zumutbar sind und keine Vermittlung in prekäre Beschäftigung (z.B. Leiharbeit) erfolgen darf. Die Aufnahme einer neuen Beschäftigung darf nicht die Fähigkeiten und Kenntnisse der früheren Tätigkeit entwerten. Persönliche Umstände des Arbeitslosen (Familie, zu pflegen-de Angehörige) müssen berücksichtigt werden. - Höheres Arbeitslosengeld
Statt der derzeitigen Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld von 60 Prozent (67 mit Kind) des Nettoarbeitsentgelts soll – in Anlehnung an das alte Arbeitsförderungsgesetz – 68 Prozent gel-ten. Eine Absenkung des Lebensstandards durch allgemeine Preissteigerungen soll durch einen jährlichen Inflationsausgleich vermieden werden. - Arbeitslosengeld Plus
Ein Arbeitslosengeld Plus soll die Arbeitslosen nach Auslaufen ihres Arbeitslosengeldanspruchs absichern. Es soll – wie das Arbeitslosengeld – beitragsfinanziert sein und für diejenigen gelten, die zuvor Beiträge zur Arbeitslosenversicherung eingezahlt und dadurch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben hatten.
Die Dauer des Arbeitslosengelds Plus soll 1:1 der Dauer des vorherigen Anspruchs auf Arbeitslosengeld entsprechen. Arbeitslose, die mindestens 30 Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, erhalten einen unbefristeten Anspruch auf Arbeitslosengeld Plus.
Die Höhe des Arbeitslosengeld Plus soll 58 Prozent des Nettoarbeitsentgelts betragen. Die Differenz von zehn Prozentpunkten zur Bemessungsgrundlage des Arbeitslosengeldes orientiert sich an der alten Arbeitslosenhilfe des Arbeitsförderungsgesetzes, die im Zuge der Agenda 2010 abgeschafft wurde. Wie das Arbeitslosengeld soll das Arbeitslosengeld Plus durch einen jährlichen Inflationsausgleich gegen den Verlust durch Preissteigerungen geschützt werden.
Siehe auch: Konzept zur Stärkung der Arbeitslosenversicherung, Fraktion DIE LINKE im Bundestag, 2019