"Die Chance, das Vertrauen in die gesetzliche Rente langfristig zurückzugewinnen, wurde von der Bundesregierung leichtfertig verspielt. Wieder einmal. Anstatt die Rente demografiefest auszubauen und gegen Kaufkraftverluste abzusichern, lässt sich Arbeitsminister Hubertus Heil den Bundeszuschuss um 6,8 Milliarden Euro kürzen und gleichzeitig erlaubt er der FDP eine viel zu teure Wette auf die zukünftige Entwicklung der Aktienmärkte - mit völlig ungewissem Ausgang. Und das zu allem Überfluss auch noch auf Pump.
So schlecht wie es heute mit einem Rentenniveau von 48 Prozent ist, darf es nicht bleiben und darum fordere ich eine sofortige, zusätzliche, einmalige und außerordentliche Rentenerhöhung um zehn Prozent. Dann betrüge das Rentenniveau endlich wieder lebensstandardsichernde 53 Prozent“, erklärt Matthias W. Birkwald, Renten- und alterssicherungspolitischer Sprecher der Gruppe Die Linke, zum von der Bundesregierung vorgelegten sogenannten "Rentenpaket II". Birkwald weiter:
"Die Stabilisierung des Rentenniveaus auf dem gegenwärtigen Stand von 48 Prozent verhindert den Absturz der gesetzlichen Rente ins Bodenlose, reicht aber bei Weitem nicht aus. Der durchschnittliche Rentenzahlbetrag nach 35 (!) Versicherungsjahren liegt aktuell nur bei 1.384 Euro. Langjährig Versicherte müssen also mit einer Rente auskommen, die gerade mal etwas über 100 Euro über der Armutsschwelle der Europäischen Union liegt. Das ist beschämend!
Und über drei Millionen Ältere liegen trotz langer Erwerbsbiografie noch unter der Armutsschwelle EU-SILC. Sie sind es, die mit am meisten von der Inflation betroffen sind. Im dritten Jahr in Folge und in dreizehn Jahren seit dem Jahr 2000 blieben die Renten nun hinter der Preisentwicklung zurück. Brot ist fast 20 Prozent teurer als im Vorjahr, Gemüse ist um 17 Prozent teurer geworden und Milchprodukte um sage und schreibe 28 Prozent.
Darum: Eine sofortige, zusätzliche, einmalige und außerordentliche Rentenerhöhung um zehn Prozent ist das Gebot der Stunde und würde das Rentenniveau auf 53 Prozent anheben. Die Kaufkraft der Renten wäre so langfristig gesichert. Das ist finanzierbar und kostet durchschnittlich Verdienende und ihre Chefs nur jeweils 38 Euro mehr monatlich an Rentenbeitrag. Ein Prozent mehr Rentenbeitrag vom Bruttolohn der Versicherten ergibt zehn Prozent höhere Renten für heutige und künftige Rentner und Rentnerinnen - ein gutes Geschäft.
Zudem müssen alle Kürzungsfaktoren aus der Rentenanpassungsformel gestrichen werden. Damit keine Rentnerin und kein Rentner mehr gezwungen ist, in Mülleimern nach Pfandflaschen zu suchen, muss unbedingt eine echte einkommens- und vermögensgeprüfte Solidarische Mindestrente von aktuell 1.200 Euro netto (für Alleinstehende) plus Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung eingeführt werden. Was in Österreich geht, ginge auch in Deutschland.
Die Linke lehnt die Einbindung des Kapitalmarktes in die gesetzliche Rentenversicherung ab. Mit der geplanten 'Aktienrente' der Bundesregierung - dem sogenannten 'Generationenkapital' - wird es zu keiner langfristigen Stabilisierung der Gesetzlichen Rentenversicherung kommen. Dafür bräuchte es einen riesigen Kapitalstock (über 570 Milliarden Euro) oder eine völlig unrealistische Rendite von jährlich sieben Prozent, um durchschnittlich Verdienende irgendwann Mitte der 2030er Jahre um gerade mal knapp zehn Euro (entspricht einem halben Beitragssatzpunkt) pro Monat (in heutigen Werten) zu entlasten. Und da sind die aktuell steigenden Zinskosten für den staatlichen Kredit noch nicht einmal enthalten.
Der dafür vorgesehene Staatsfonds KENFO (Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung) hat im Jahr 2022 mehr als drei Milliarden Euro Wertverlust an den Aktienmärkten erlitten. Aufwachen, liebe Ampel! Das muss ein Warnzeichen sein und mit diesem Auf und Ab an den Aktienmärkten schafft man kein Vertrauen in die gesetzliche Rente. Das Geld ist auch nicht 'generationengerecht', wenn es, wie beim KENFO, in sogenannten illiquiden Anlagen aus Immobilien und Pflege Renditeobjekte macht und damit Mieten und Pflegeheimkosten nach oben treibt. Echte Generationengerechtigkeit in der Rente gibt es nur durch eine Stärkung der Rente für alle Erwerbstätigen.
Deshalb fordern wir Linken die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung, in die auch Selbstständige, Freiberufliche, Beamte und allen anderen Berufsgruppen voran die Bundestagsabgeordneten einzahlen mögen. Kombiniert mit einer Verdopplung der heutigen Beitragsbemessungsgrenze und der verfassungsgemäßen Einführung einer Beitragsäquivalenzgrenze auf sehr hohe und höchste Renten wäre die gesetzliche Rente dann deutlich zukunftssicherer."