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In der Migrationspolitik droht eine humanitäre Eiszeit

Pressemitteilung von Clara Bünger,

"Diese Scheinheiligkeit ist nicht zu ertragen: In den Koalitionsverhandlungen haben sich Union und SPD salbungsvoll darauf verständigt, dass Deutschland ein weltoffenes Land sei, das zu seiner humanitären Verantwortung stehe. Und was folgt daraus? Die humanitäre Aufnahme von Schutzbedürftigen soll beendet, Familien mit subsidiärem Schutzstatus sollen getrennt, Schutzsuchende sollen an den Grenzen zurückgewiesen werden. Das ist das Gegenteil von humanitärer Verantwortung", erklärt Clara Bünger, Fachpolitikerin für Flucht und Migration der Fraktion Die Linke im Bundestag, zum bekannt gewordenen Koalitionsverhandlungsdokument zur Innenpolitik von Union und SPD. Bünger weiter:

"Mit der neuen Koalition droht in der Migrationspolitik eine humanitäre Eiszeit. Eine solche Politik der demonstrierten Härte bricht mit fundamentalen Prinzipien unserer Verfassung. Sehenden Auges sollen Menschenrechte verletzt werden.

Die Liste der drohenden Verschärfungen enthält noch mehr: Weitere angeblich sichere Herkunftsstaaten sollen künftig per Verordnung bestimmt werden können, ein sorgfältiges parlamentarisches Prüfverfahren soll es nicht mehr geben. Erneut wird eine 'Rückführungsoffensive' ausgerufen. Bei der Abschiebungshaft soll es keine rechtsanwaltliche Vertretung mehr geben - damit werden rechtswidrige Inhaftierungen von Menschen, die keine Straftat begangen haben, wieder deutlich zunehmen.

Das alles sind offenbar geeinte Punkte, doch der Union reicht das noch nicht. Sie fordert menschenrechtlich hoch problematische Asylverfahren in Drittstaaten, die verfassungswidrige Ausweitung von Leistungskürzungen bzw. -einstellungen bei Geduldeten, die Abschaffung des Grundsatzes der Amtsermittlung in Asylverfahren, die Beschneidung von Bleiberechtsregelungen bei länger geduldetem Aufenthalt, erhebliche Verschärfungen beim angeblich unangetasteten Staatsangehörigkeitsrecht und weitere Härten. Von christlichen Werten findet sich hier keine Spur mehr.

Die SPD sollte sich an ihre Grundsätze erinnern und die absolut maßlosen Forderungen der Union klar zurückweisen, statt sich von ihr über den Tisch ziehen zu lassen. Allerdings habe ich da wenig Hoffnung, denn schon die Ampelkoalition war für zahlreiche offenkundige Rechtsbrüche in der Asyl- und Migrationspolitik verantwortlich: Unionsrechtswidrige Grenzkontrollen, verfassungswidrige Leistungskürzungen und -einstellungen, verhinderter Familiennachzug zu unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, um nur wenige Stichwörter zu nennen. Dennoch: In vorherigen Koalitionen mit der Union hatte die SPD noch die ein oder andere Verbesserung im Ausgleich zu vielen Verschlechterungen ausverhandelt. Jetzt stimmt sie zahlreichen erheblichen Restriktionen zu, ohne dafür im Gegenzug etwas Positives vorweisen zu können. Das ist wirklich ein Armutszeugnis. Obwohl die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland bereits drastisch zurückgegangen ist, agiert die Politik immer noch im Panik-Modus, als würde ein angeblicher Notstand drohen, der die Aussetzung grundlegender Rechte rechtfertigt.

Es braucht daher jetzt dringend Druck auf die SPD von der Zivilgesellschaft, um weitere Verschärfungen zu verhindern und noch mögliche Verbesserungen zu erkämpfen. Wir als Linke verteidigen das Recht auf Asyl und die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Wir fordern eine echte Unterstützung für die Kommunen durch eine bessere finanzielle Ausstattung statt reiner Scheinpolitik durch Wortklauberei und angebliche Rückführungsoffensiven. Legale Fluchtwege müssen ausgebaut statt eingeschränkt und das Recht auf Familie gewahrt werden. Bleiberechtsregelungen, wie das Chancenaufenthaltsgesetz, müssen ausgebaut werden, um die Realität der bereits hier lebenden Menschen anzuerkennen. Wir lehnen jede weitere Verschärfung im Bereich Migration ab und fordern die neue Regierung auf, ihre Migrationspolitik von wissenschaftlichen Erkenntnissen und unseren Grundwerten leiten zu lassen, statt von rechter Hetze und rassistischen Vorurteilen.“