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Links wirkt auch in Bayern

Archiv Linksfraktion - Rede von Gregor Gysi,

Frau Präsidentin! Kollege Pronold, ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Sie glauben, dass Feiertage nie zusammenfallen können.

(Florian Pronold (SPD): Die drei, die ich genannt habe!)

Wir haben dieses Jahr schon das Gegenteil erlebt: Der 1. Mai und Himmelfahrt sind zusammengefallen.

(Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Muttertag und Pfingsten sind in diesem Jahr auch an einem Tag!)

Sie haben auch festgestellt, dass Kollegin Höll behauptet habe, die CSU hätte von uns abgeschrieben und eine Mogelpackung geliefert. Sie meinten, schlau zu sein, und sagten, dann hätten wir eine Mogelpackung geschrieben. Da verwechseln Sie etwas. Sie haben überhört, dass Kollege Solms darauf hingewiesen hat, dass die CSU auch von Herrn Westerwelle abgeschrieben hat. So wurde aus unserer Packung eine Mogelpackung.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Die Kollegin Scheel hat gesagt, dass die Kollegen Beckstein und Huber jetzt reden wie Lafontaine und Gysi.

(Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja! Sie geben alles aus, was sie nicht haben!)

Damit tun Sie zwei von ihnen ich lasse völlig offen, wem Unrecht.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Eines, was die CSU in Bayern versucht, klappt nicht. Ich finde den Versuch ganz nett, betrachte ihn aber eher als Episode. In Bayern tun Sie so, als ob Sie hier zur Opposition gehörten. Aber Sie vergessen dabei immer, zu erwähnen, dass hier nichts beschlossen wurde, dem Sie nicht zugestimmt haben. Deshalb müssen die FDP und wir mit unterschiedlichen Zielen nach Bayern kommen und versuchen, die Menschen aufzuklären. Das werden wir so intensiv wie möglich tun.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Hermann Otto Solms (FDP) und des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

In Bayern gibt es die Bayerische Landesbank, die sich weltweit ohne jede Sachkenntnis an Spekulationen beteiligt hat. Dabei sind Milliardenverluste entstanden, die jetzt die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ausgleichen müssen. Herr Huber wirkt etwas einfältig, wenn er diese Dinge erklärt. Er meint, er sei der Mann der Zukunft. Ich kann das nicht erkennen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Die Opposition in Bayern ist, finde ich, etwas lahm aufgestellt. Dort fehlen zwei Parteien: die FDP und die Linke.

(Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das fehlt uns in Bayern wirklich nicht!)

Zumindest für die Linke hoffe ich, dass sie ins Parlament hineinkommt.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Jetzt versucht die CSU, in Bayern die Kurve zu kriegen, macht Oppositionspolitik gegenüber dem Bund, vergisst zu erwähnen, dass sie dort an der Regierung beteiligt ist und alles mitbeschlossen hat, und macht Vorschläge. Dabei haben Sie abgeschrieben, aber wie die CSU eben ist nicht konsequent. Dadurch haben sich ein paar Fehler eingemogelt. Trotzdem sage ich Ihnen: Links wirkt.
Ernsthaft betrachtet haben Sie Themen aufgegriffen, die wir alle schon im Bundestag zur Abstimmung gestellt haben. Die CSU hat immer dagegen gestimmt, aber jetzt meinen Sie, dass man diese Themen im Wahlkampf bedienen muss.

(Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bringen Sie doch gemeinsame Anträge mit der CSU ein!)

Diese Art von Unehrlichkeit nimmt uns die Bevölkerung zunehmend übel. Wenn Sie es vorschlagen, dann realisieren Sie es auch im Bundestag! Machen Sie es nicht umgekehrt!

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Fangen wir mit der Wiedereinführung der Pendlerpauschale an. Sie sollten dazusagen, dass ohne Ihre Zustimmung die Kürzung der Pendlerpauschale im Bundestag nicht beschlossen worden wäre. Sagen Sie das wenigstens selbstkritisch.

(Dr. Stephan Eisel (CDU/CSU): Selbstkritisch? Kennen Sie das Wort überhaupt?)

Allerdings finde ich die Haltung von CDU und SPD auch abenteuerlich, Politik auf das Bundesverfassungsgericht zu verlagern. Der Bundesfinanzhof begründet ausführlich, warum diese Maßnahme grundgesetzwidrig ist.

(Florian Pronold (SPD): Ich habe Ihnen doch gesagt, dass wir es anders machen wollten!)

Statt jetzt die Initiative zu ergreifen und den Beschluss entsprechend zu ändern, wollen Sie noch zwei Jahre abwarten, bis das Bundesverfassungsgericht in der Sache entschieden hat. Politik wird aber im Bundestag gemacht. Es ist eine Notvariante, dass das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden muss.

(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Wir haben vorgeschlagen, die grundgesetzwidrige Kürzung der Pendlerpauschale zu streichen. Die CSU im Bundestag hat aber geschlossen dagegen gestimmt. Auch über das Kindergeld und die Erhöhung des Kinderfreibetrages haben wir im Bundestag abstimmen lassen. Die CSU hat dagegen gestimmt. Die Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags und die Abschaffung des Steuerbauches für die durchschnittlich Verdienenden sind völlig richtige Maßnahmen. Aber was haben Sie im Bundestag gemacht, als wir das gefordert haben? Sie haben dagegen gestimmt. Das alles erwähnen Sie nicht. So oft kann ich gar nicht nach Bayern kommen, um den Menschen zu erklären, gegen welche Vorhaben Sie alle gestimmt haben.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Leider sind Sie nicht konsequent. Ich erinnere an den Steuerbauch. Als SPD und Grüne den Spitzensteuersatz der Einkommensteuer gesenkt haben, haben sie den Steuerbauch gebildet. Das heißt, dass die durchschnittlich Verdienenden unverhältnismäßig mehr Steuern zahlen als die Besser- und Bestverdienenden.

(Florian Pronold (SPD): Das war die CSU! Das war Herr Waigel mit dem Bauch! Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war Waigel! Deshalb heißt er auch Waigelbauch!)

Aber Sie haben den Bauch zumindest bestätigt, statt ihn zu beseitigen. Das können Sie nicht leugnen.
Sie haben mit Ihren Vorschlägen dafür gesorgt, dass Menschen, die bis zu 40 000 Euro verdienen, viel geringere Steuererleichterungen haben sollen als diejenigen, deren Einkommen über dieser Grenze liegt.

(Florian Pronold (SPD): Das ist immer so bei dem progressiven Steuerverlauf!)

Wir müssen endlich mehr Gerechtigkeit herstellen. Wir schlagen vor, dass diejenigen, die mehr als 80 000 Euro im Jahr verdienen, mehr zahlen müssen, aber die durchschnittlich Verdienenden entlastet werden.
Das Gleiche gilt für die Abgabenpolitik. Beispiel Rentenversicherung: Solange es Beitragsbemessungsgrenzen gibt, müssen die Bezieher hoher Einkommen nicht entsprechend mehr zahlen. Deswegen müssen die Bezieher durchschnittlicher Einkommen mehr zahlen. Verstehen Sie? So wird das nichts. Wir müssen Gerechtigkeit für die durchschnittlich Verdienenden herstellen.
Sie wollen, dass ich aufhöre, Herr Oswald. Ich nerve Sie. Ich verstehe Sie ausnahmsweise. Aber ich verspreche Ihnen, dass ich im September ungefähr achtmal nach Bayern komme und landauf, landab versuchen werde, die Menschen aufzuklären. Nach der Wahl werden Sie uns in Ihrem Landtag erleben. Das wird dann spannend.
Danke schön.

(Anhaltender Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))